Beat Ullmann, 61, Architekt, arbeitete diesen Spätsommer sporadisch in einer umgenutzten Telefonkabine in Lenzburg. Das kleine «Zweigbüro» bot ihm so manchen Schwatz mit Passanten und willkommene Abwechslung vom Home Office. („die baustellen“ Nr. 09/2019)
Bloss 0.89 Quadratmeter – so klein ist die Grundfläche des Büros, das ich von Mitte August bis Ende September sporadisch als Untermieter nutzte. Die Zeit im Kleinstbüro bereitete mir aber grosse Freude.
Mitte Jahr beschloss die Stadt Lenzburg, drei ausrangierte Telefonkabinen beim Kronenplatz, bei der ehemaligen Post und hier auf dem Seifi-Parkplatz in so genannte «Kultkabinen» umzuwandeln. Sie können seither von lokalen Unternehmen, Vereinen oder Kulturorganisationen zeitlich befristet als Schaufenster für Angebote und Aktivitäten gemietet werden. Die Kabine beim Seifi-Parkplatz wurde von der Firma Bürokonzept Schaller AG gemietet und mit einem kleinen, vielfältig nutzbaren USM-Büromodul ausgestattet. Auf kleinstem Raum stehen ein Regal, eine kleine Tischfläche und eine Sitzgelegenheit zur Verfügung. Auch Licht, Strom und Internet sind vorhanden. Die Bürokonzept Schaller AG will mit dem Projekt «Kleinstes Co-Work-Office der Welt» sichtbar machen, dass mit cleveren Lösungen auch kleinste Räume nutzbar gemacht werden können.
Ineffizient aber wertvoll
Ich war schon seit geraumer Zeit auf der Suche nach einem kleinen Aussenbüro-Atelier, das mir etwas Abwechslung von der täglichen Arbeit im Home Office verschafft. Als die «Kultkabinen» präsentiert und die Büro-Kabine eröffnet wurde, kam mir die Idee: Ich könnte testen, ob man in dem Mini-Büro wirklich arbeiten kann. Und ich könnte zugleich ausprobieren, ob sich ein Büro ausserhalb meines Zuhauses für mich bewährt. Ich ging auf die Bürokonzept Schaller AG zu – und stiess dort auf offene Ohren.
In der Regel zwei Mal wöchentlich packte ich an meinen Mini-Büro-Tagen schliesslich alle Utensilien in zwei Rollkoffer, die in meinem Büro auf keinen Fall fehlen dürfen: Laptop, Kaffeemaschine, ein paar Bücher, eine kleine Wanduhr, Bauhelm und Warnweste. Sogar einen Mini-Staubsauger sowie Schuhputzzeug hatte ich jeweils dabei, für den Fall, dass ich mit dreckigen Schuhen von einer Baustelle zurückkehre.
Während meiner Arbeitszeiten im Mini-Büro kamen immer wieder Leute vorbei, um einen Schwatz zu halten. Hoch effizient waren meine Ausflüge ins Mini-Büro deshalb nicht. Ich nahm mir jeweils drei, vier konkrete Arbeiten vor – und war bei Schichtende froh, wenn ich die Hälfte davon erledigt hatte. Am Anfang schien mir die Sache gar aufwendig zu sein. Mehr und mehr aber gefielen mir Abwechslung und Ablenkung. Es zeigte sich deutlich, dass ein ergänzendes externes Büro wertvoll wäre für mich.
Vielfältige Tätigkeiten
Ich arbeite mein ganzes Berufsleben im Bauplanungsbereich. Zunächst lernte ich Hochbauzeichner. Und als mir irgendwann nicht mehr passte, was mir die vorgesetzten Architekten zum Zeichnen auf den Tisch legten, gab es für mich nur eine Lösung: Ich studiere Architektur. Also absolvierte ich ein entsprechendes Studium. Und arbeitete fortan in ganz unterschiedlichen Konstellationen und an ganz unterschiedlichen Projekten. Von Schloss-Umbauten über sehr grosse Klinik-Projekte bis hin zu kleineren Umbauten oder Sanierungen von alten Bauten war und ist alles dabei. Dorfzonen-Beratungen, die Entwicklung von Quartierplänen oder auch die Unterstützung in Projekten, die aus unterschiedlichsten Gründen blockiert sind, runden meine sehr vielfältige Tätigkeit ab. Das Zeichnen, Entwerfen, Konzipieren fasziniert und interessiert mich bis heute. Den Beruf des Architekten würde ich jederzeit wieder wählen – und betreibe ihn mein Leben lang weiter.