«Tradition heisst nicht Stillstand»

In der NZZ wurde die Bereuter-Gruppe vergangenen Sommer als „das wohl älteste Baugeschäft der Schweiz“ vorgestellt. CEO Adrian Thomann erklärt im Gespräch, wie das Familienunternehmen mit der gegenwärtig herausfordernden Marktsituation umgeht. Und weshalb Tradition und Fortschritt für ihn kein Widerspruch ist. (Text und Fotos: Beat Matter; für „die baustellen“ Nr.04/2022

Ende des letzten Jahres sagten Sie in einem Interview in Ihrem Mitarbeiter- und Kundenmagazin: „Unsere Auftragsbücher sind fast unwirklich voll. Wir müssen gut überlegen, wie wir all diese Arbeit bewältigen können, ohne unsere Kapazitäten ungesund auszuweiten.“ Ein Luxusproblem?

Adrian Thomann: Es sind Herausforderungen, vor denen wir stehen und mit denen wir möglichst gut und zukunftsorientiert umgehen müssen. Wir hatten das Glück, im vergangenen Jahr viele Aufträge akquirieren zu können. Wir hatten aber auch das Pech, mit vielen Projektverschiebungen konfrontiert zu sein. In Kombination führte das schon Ende Jahr zu einer hohen Grundauslastung, die sich nun im ersten Quartal 2022 noch weiter ausdehnte. Wir sind in dieser Situation gefordert, unsere Kapazitäten clever einzuplanen, so dass die richtigen Leute an den richtigen Orten gute Arbeit leisten können. Aber es ist völlig klar: Wenn wir uns die Weltlage vor Augen führen, dann befassen wir uns hier wahrlich mit Luxusproblemen.

Die Bereuter-Gruppe beschäftigt rund 230 Mitarbeitende und umfasst schwergewichtig eine klassische Hochbauunternehmung, eine Unternehmung für Baugruben- und Sprengtechnik, eine Firma für Umbau und Renovation sowie eine Unternehmung für Baustoff- und Logistikleistungen. Wie gehen Sie als eine so aufgestellte Familienunternehmung nun mit der Situation um? Bauen Sie aus – oder drosseln Sie die Akquisetätigkeit?

Zunächst einmal: Unsere Auftragslage ist gut. Aber sie ist keineswegs so, dass wir uns sorglos zurücklehnen könnten. Deshalb bremsen wir auch nicht unsere Akquise-Tätigkeiten. Wir versuchen jedoch sehr bewusst jene Projekte zu kalkulieren, in denen wir interessante Möglichkeiten sehen. Also beispielsweise solche, in die wir unser Gesamtangebot als Bereuter-Gruppe über mehrere Bereiche hinweg einbringen können. Es gelingt uns erfreulicherweise immer wieder, Kunden mit interessanten Offerten und Offertgesprächen davon zu überzeugen, dass für sie Vorteile entstehen, wenn ihre Bauvorhaben aus einer Hand ausführen können.

Sind diese Vorteile dem Kunden etwas wert?

Die Vorzüge werden geschätzt, führen aber oftmals zu Missverständnissen. Zum einen punkto Projektkoordination: Auftraggeber, die uns beispielsweise Baugruben- sowie Hochbauarbeiten vergeben, erliegen gerne dem Irrtum, dass wir damit auch gewisse Bauleitungsaufgaben für die Ausführung übernehmen. Da entsteht oft Klärungsbedarf. Zum anderen finanziell: Auftraggeber stützen sich oftmals auf die Annahme, dass wir – weil wir mit Gesamtprojekten ja einen höheren Umsatz machen – ihnen im Preis auch ein Stück weiter entgegenkommen können. Der Unterschied zwischen Umsatz und Marge fällt dabei gerne unter den Tisch. Ganz abgesehen davon, dass potenzielle Optimierungen, die wir als Gesamtleister erzielten könnten, in der Praxis ab und zu durch die Planung vereitelt wird, welche uns die Pläne nicht zeitig genug liefern können.

Warum bauen Sie angesichts der guten Auftragslage nicht einfach aus?

Weil es keinen «einfachen» Ausbau gibt, zumal nicht angesichts eines Fachkräftemangels, mit dem die Branche auf allen Ebenen konfrontiert ist. Unser Ziel ist es aber ohnehin nicht, jede Gelegenheit zu nutzen, um zu wachsen. Wir wollen uns gezielt verstärken und sukzessive verbessern. Wenn das bedeutet, dass es punktuell den einen oder anderen zusätzlichen Angestellten braucht, nehmen wir diese gerne – sofern sie denn verfügbar sind.

Gelingt es Ihnen angesichts der guten Auftragslage, Arbeiten nicht zum Tiefstpreis offerieren zu müssen?

Seien wir ehrlich: Nur wenige Unternehmer streben wirklich an, den tiefsten Preis zu offerieren. Aber die Erfahrung zeigt: Wer den besten Preis macht, der macht die Arbeit. Ausnahmen gibt es meist nur, wenn die Differenz zum tiefsten Preis klein ist. So zu offerieren, dass man nahe genug am Tiefstpreis liegt, um dann aufgrund von ergänzenden Faktoren den Kunden zu überzeugen, ist eine grosse Kunst. Wir versuchen das, indem wir konsequent nach Synergiepotenzialen suchen und ein gutes, partnerschaftliches Verhältnis zu unseren Kunden anstreben.

Im Grossen und Ganzen also das alte Lied: Trotz grossem Arbeitsvolumen bekämpfen sich die Anbieter weiterhin über den Preis.

Ja und nein. Ja, weil Bauherrschaften bei vergleichbaren Grundleistungen kaum je bereit sind, zugunsten von Zusatzfaktoren einen höheren Preis zu bevorzugen. Und nein, weil die allermeisten Unternehmer eben nicht die Absicht verfolgen, mit Tiefstpreisen zu operieren. Die Dynamik ist oftmals davon getrieben, dass ein Unternehmer kurzfristig ein Loch hat, das beispielsweise durch eine Projektverschiebung entstanden ist. In solchen Fällen hat er Personal, Material und Maschinen fix für ein Projekt reserviert, das dann aus Gründen verschoben wird, die nicht in seinem Einflussbereich liegen. Der Unternehmer wird dadurch gezwungen, möglichst rasch Arbeit anzuziehen, um seine Mitarbeitenden zu beschäftigen und seine Maschinen auszulasten. Diese Arbeit holt er sich dann notgedrungen aber verständlicherweise zu einem niedrigen Preis.

Von der Problematik ist die ganze Branche betroffen. Sehen Sie einen Ausweg?

Es zeigt sich, woran es in der Branche hapert: Es wird zu wenig miteinander geredet. In einer Situation, in der viele Anbieter mehr Arbeit haben, als sie mit ihren Kapazitäten sofort leisten können, müsste es doch ganz normal sein, dass mit Auftraggebern, Planern, Subunternehmern sowie nachgelagerten Ausführenden intensiv darüber geredet wird, wann welche Kapazitäten zur Verfügung stehen, um die Arbeiten auszuführen. Das müsste im Interesse aller Beteiligter sein. Stattdessen «wursteln» alle vor sich hin und hoffen bei sich abzeichnenden Engpässen bis ganz zum Schluss, dass es schon irgendwie aufgehen wird. Kommt es dann zur Kollision, müssen alle wieder kurzfristig zusehen, wie sie ihre Löcher stopfen. Ich bin mir fast sicher: Viele der üblichen Alltagsprobleme auf dem Bau könnten durch eine bessere Kommunikation unter den Beteiligten verhindert werden.

Der Krieg in der Ukraine, hohe Teuerungsraten, Materialknappheit, eine Pandemie, die ein bisschen aus den News verschwunden ist: Die Unsicherheiten bleiben gross. Mit welcher Marktentwicklung rechnen Sie?

Die letzten Jahre haben uns auf verrückte Weise aufgezeigt, wie wenig Planungssicherheit wirklich vorhanden ist. Versetzen Sie sich drei Jahre zurück. Im Frühling 2019 wäre es das Normalste der Welt gewesen, einen Fahrplan für die nächsten drei, vier Jahre aufzustellen. Nach zwei Jahren Pandemie und nun einer Kriegssituation in Europa, die Millionen von Menschen in die Flucht treibt, wirkt das surreal. Denn wir haben mittlerweile lernen müssen, dass nichts so sicher ist, wie wir das teilweise glaubten. Ich fürchte deshalb, es ist nicht der Moment, um mittel- bis längerfristige Prognosen zu machen.

Dennoch müssen Sie Annahmen treffen und das Unternehmen entsprechend aufstellen.

Als Geschäftsführer einer Familienunternehmung, deren Wurzeln über 350 Jahre zurückreichen, ist die übergeordnete Stossrichtung gegeben: Mein Auftrag und mein Ziel ist es, diese Unternehmung so zu führen und weiterzuentwickeln, dass sie gesund und gut aufgestellt ist, wenn dereinst die Kinder von Inhaber Marco Bereuter Willens und in der Lage sind, sie zu übernehmen. In der Umsetzung heisst das, dass jede Firma der Bereuter-Gruppe permanent gefordert ist, wach zu sein, technische und technologische Entwicklungen nicht zu verschlafen und sich personell so aufzustellen, dass wir vorwärtskommen. Gelingt uns das, können wir aus sich bietenden Gelegenheiten das Beste rausholen.

Sie deuten es an: Die Bereuter-Gruppe hat im vergangenen Jahr ein spezielles Jubiläum gefeiert. 350 Jahre war es her, seit ein gewisser Jakob Bereuter den ersten dokumentierten Bauauftrag der Familiengeschichte plante und ausführte.  Sind die familiäre Prägung und die starke Tradition des Unternehmens Aspekte, die im harten Wettbewerb Vorteile bieten?

Es gibt eine Kundschaft, die empfänglich ist für Botschaften und Arbeitsweisen, die eine Tradition und eine stabile Werthaltung betonen. Unsere partnerschaftliche Orientierung, unsere Fachkompetenz und die Mentalität, nicht mit grossen Worten zu überzeugen, sondern mit unseren Leistungen, sind Faktoren, die immer wieder dazu führen, dass wir einen guten Eindruck hinterlassen und so zu Aufträgen kommen.

Als stark wertorientierter Mensch muss ich aber leider feststellen, dass gewisse Werthaltungen in Wirtschaft und Gesellschaft erodieren, die mir wichtig sind. Das Bauwesen ist hier keine Ausnahme. Früher wurden Abmachungen in der Branche per Handschlag besiegelt. Und das galt etwas. Heute ist das nur noch selten der Fall. Das Klima ist ruppiger geworden. Anstatt im persönlichen Gespräch nach Lösungen zu suchen, werden allzu schnell eingeschriebene Briefe auf den Weg geschickt. Ich tue mich damit schwer. Deshalb mache ich es mir immer wieder zur Aufgabe, gerade unseren jüngeren Mitarbeitenden vorzuleben, dass es auch anders geht.

Wie machen Sie in einer Bauunternehmung, die auf eine so lange Geschichte zurückblickt, den Spagat zwischen Tradition und Fortschritt?

Ich empfinde das nicht als Spagat. Denn Tradition heisst nicht Stillstand. Die Tradition der Bereuter-Gruppe ist massgeblich dadurch geprägt, dass sie sich bis heute immer wieder intelligent weiterentwickeln konnte. Unsere Entscheidungswege sind kurz. Wenn Verwaltungsrat und Geschäftsführung zur Überzeugung gelangen, dass dieser oder jener Innovationsschritt Chancen bietet, ist Inhaber Marco Bereuter immer bereit, die nötigen Mittel zu reinvestieren. Dieses gut fundierte und zukunftsorientierte Wirtschaften führt dazu, dass wir innovationstechnisch nicht hinterherhinken, sondern im Gegenteil vorne mit dabei sind.

Nach Jahren, in denen BIM mittlerweile in der Baubranche heiss diskutiert wird, kommt der Ansatz nun bei den Ausführenden an. Auch die Bereuter-Gruppe treibt aktuell erste BIM-Projekte voran. Wie sind Ihre Erfahrungen?

Positiv, aber nicht euphorisch. Im Kern geht es für uns als Ausführende bei BIM darum, dass wir einfacher, schneller, präziser, fehlerfreier und weitsichtiger arbeiten können, weil die relevanten Eckwerte des Vorhabens zu einem frühen Zeitpunkt im Bauprozess verbindlich festgelegt werden. Dieses Potenzial sehe ich im BIM-Prozess. Indem wir uns jetzt BIM-fähig machen, schaffen wir die Grundlage, dass wir dieses Potenzial in Zukunft nutzen können. Gleichzeitig muss man betonen: Es ist heute in der Baubranche noch selten der Fall, dass die nötigen Entscheide frühzeitig verbindlich festgelegt werden. Die Projekte sind im Gegenteil geprägt von Entscheidungs- und Planungsphasen, die teils weit in die Ausführung hineinragen. Das erschwert normalerweise die umfassende Koordination unserer Arbeit stark. Hier kann BIM helfen. Der nötige Wandel passiert jedoch nicht, indem wir uns alle moderne Geräte und Software kaufen. Sondern er geschieht nur, wenn alle Beteiligten einen Nutzen darin sehen. Ich hoffe und gehe davon aus, dass dies der Fall sein wird, wenn die meisten Anbieter mit BIM arbeiten und mit eigenen Augen sehen, welche Vorteile sich bieten könnten.

Gehen Sie davon aus, dass hier für die Bereuter-Gruppe eine Zeitenwende geschieht?

Da bin ich hin- und hergerissen. BIM kann eine Zeitenwende darstellen, wenn es tatsächlich gelingt, die Prozesse von der Planung bis zur Ausführung aller Gewerke und situativ bis in den Betrieb hinein zusammenzuführen und zielgerichtet abzugleichen. Wenn BIM zu einem gelebten Teamwork entlang der Wertschöpfungskette führt, ja, dann erleben wir hier eine Zeitenwende. Vorerst aber bin ich zurückhaltend optimistisch.

Angesichts des sich zuspitzenden Fachkräftemangels habe ich jüngst die Hoffnung gehört, dass es BIM ermöglicht, mehr Projekte mit weniger Baukadern zu bewältigen. Teilen Sie diese?

Ja. Gleichzeitig müssen wir realistisch sein: In zahlreichen Wirtschafts- und Lebensbereichen zeigt sich: Der limitierende Faktor sind nicht die Geräte und Programme, die immer leistungsfähiger werden. Sondern es sind wir Menschen, die an Grenzen stossen. Insgesamt aber sehe ich die Chance, dass die Branche interessanter wird für IT-affine junge Leute, wenn die Abwicklung von Bauvorhaben über den gesamten Prozess IT-gestützt und vernetzt ist.

Einmal abgesehen von BIM: Wie wollen Sie die Bereuter-Gruppe weiterentwickeln?

Wir sind personell und maschinell gut aufgestellt, sind im Markt gut positioniert und haben einen guten Namen. Dennoch möchte ich dazu beitragen, dass wir laufend weiterkommen. Ich arbeite mit meinem Team daraufhin, dass wir noch effizienter und nachhaltiger werden. Und ich wirke darauf hin, dass die menschlichen Werte einen noch höheren Stellenwert erhalten und wir dadurch noch stärker zu einem kompletten Team zusammenwachsen. Ich bin ein Teamplayer mit Sportler-Mentalität: Als solcher weiss ich: Das Team, das am besten zusammenspielt, gewinnt.

Sie erwähnen die Nachhaltigkeit: Betrachtet man die Website der Bereuter-Gruppe und liest man Ihre Aussagen in Unternehmenspublikationen, dann fällt auf: Ressourcenschonung und Umweltschutz sind Themen, die Sie bewegen. Im vergangenen Herbst haben Sie beispielsweise einen „Clean-up Day“ angestossen. Mit 50 Mitarbeitenden machten Sie eine Littering-Tour durch ihre Standortgemeinde Volketswil und trugen dabei mehrere Kubikmeter Müll zusammen. Warum solche Aktionen?

Ziel von Aktionen wie dem „Clean-up Day“ ist es, Menschen aus verschiedenen sozialen Schichten und aus verschiedenen Alterskategorien für das Thema Abfall und Umweltverschmutzung zu sensibilisieren. Es sind einfache Möglichkeiten, um aufzuzeigen, wie man sich persönlich für eine nachhaltigere Gesellschaft engagieren kann. Zu den zentralen Werthaltungen, die wir vorhin schon angesprochen haben, gehört für mich auch der Respekt für Natur und Umwelt. Der Klimawandel schreitet voran und es ist mittlerweile klar ersichtlich, dass menschliche Verhaltensweisen der letzten Jahrzehnte dem Ort schaden, den wir bewohnen. Entsprechend sehe ich uns als Menschen und als Unternehmung, in der Menschen arbeiten, in der Verpflichtung, zu einer Verbesserung beizutragen.

Punktuelle Aktionen wie diese sind sympathisch. Angesichts des Gesamtproblems des Klimawandels sind sie jedoch ein Tropfen auf den heissen Stein. Welche Verantwortung und welche Handlungsmöglichkeiten hat die maschinen-, ressourcen- und energieintensive Baubranche, um mehr zu bewirken?

Es liegt auf der Hand: Mit gut einem Viertel des gesamten Treibhausgasausstosses, für den der Gebäudepark Schweiz verantwortlich ist, hat das Bauwesen und insgesamt der Gebäudesektor einen grossen Hebel und eine ebenso grosse Verantwortung, um Fortschritte herbeizuführen. Da ist viel zu tun und ich bin überzeugt davon, dass diese Branche bereit ist, ihren Teil zu den ambitionierten Klimazielen der Schweiz beizutragen. Gleichzeitig müssen wir aber aufpassen, dass wir den Realitäten ins Auge blicken: Die Lebensweise und der Lebensstandard, den wir in der Schweiz pflegen, sind nicht gänzlich ohne Energie- und Ressourceneinsatz sowie Schadstoffausstoss zu haben. Im Bereich des Möglichen aber sind wir alle gefordert, die negativen Auswirkungen so gering wie möglich zu halten.

Gab es für Ihre Umwelt-Orientierung eine Art Erweckungserlebnis?

Nein, nicht wirklich. Es ist eine Überzeugung, die sich im Verlaufe der Jahre stetig entwickelt und gestärkt hat, ein gewisser Reifungsprozess also. Nachdem ich mir als junger Erwachsener nur selten Gedanken über das Thema machte, bin ich heute sehr naturverbunden und tierliebend. Wenn ich Abfall rumliegen sehe oder beobachte, wie anderweitig unachtsam mit der Umwelt umgegangen wird, geht mir das gegen den Strich. Das will ich nicht einfach akzeptieren. Als CEO habe ich nun die Möglichkeit, in meinem Einflussbereich voranzugehen, meine Überzeugung vorzuleben und damit hoffentlich den einen oder die andere zu Gedanken und zum Handeln zu animieren,

Wie kommt das bei den Angestellten an?

Unterschiedlich. Mittlerweile ist aber durchgesickert, dass ich ziemlich hartnäckig bin und Widerständen nicht aus dem Weg gehe. Tatsächlich habe ich das Gefühl, dass sich eine Entwicklung abzuzeichnen beginnt. Jene rund 50 Mitarbeitenden, die freiwillig bei unserem „Clean-up Day“ mitmachten, fanden die Aktion toll und betonten, beim nächsten Mal wieder dabei sein zu wollen. Ein weiteres Beispiel sind unsere acht Lernenden, die diesen Frühling erstmals einen zweitätigen „ClimateLab“-Workshop des Vereins Myblueplanet besuchen, um über Nachhaltigkeitsthemen zu reden, sich auszutauschen und mit anderen Jugendlichen zu vernetzen. Es sind kleine Dinge wie diese, die mir die Zuversicht geben, dass hier etwas in Bewegung kommt.

Sie sind seit Anfang 2021 CEO. Davor haben Sie sechs Jahre lang den Tiefbau der Bereuter-Gruppe geführt. Wie gelingt es Ihnen nach dem Wechsel, am Puls der konkreten Projekte und am Puls des Marktes zu bleiben?

Mich interessiert das Bauen. Mich interessieren Menschen. Und mich interessiert, was in dieser Unternehmung passiert. Dieses Interesse und Neugierde sind es, die dafür sorgen, dass ich den täglichen Betrieb nicht einfach an mir vorbei plätschern lasse. Wie früher als Geschäftsführer der Bereuter Baugrubentechnik AG weiss ich auch heute als CEO der Gruppe recht gut Bescheid darüber, auf welchen Baustellen was läuft und welche unserer Leute wofür zuständig sind. Dabei helfen mir meine wöchentlichen Baustellenbesuche, die ich seit meinem Antritt jeweils am Mittwochnachmittag absolviere. Nebst diesem Praxisabgleich treffe ich mich regelmässig mit allen Geschäftsführern der Gruppe zum Austausch. Dazwischen finden zusätzliche bilaterale Gespräche statt, dies über alle Ebenen hinweg. Meine Bürotür steht fast immer für alle offen.

Bei welchen Aktivitäten gelingt es Ihnen, die Leine völlig zu kappen und überhaupt nicht an das Geschäft zu denken?

Je älter ich werde, desto mehr brauche ich Ruhephasen, um konzentriert zu arbeiten, und Ruhephasen, um mich wirklich erholen zu können. Sei es die Ruhe in der Natur, die Ruhe im Garten oder sporadisch auch die Ruhe im Home-Office: aus ungestörten ruhigen Momenten ziehe ich viel Kraft. Daneben sind es Erlebnisse mit meiner Frau, mit Freunden sowie sportliche Aktivitäten, bei denen ich einen guten Ausgleich zum hektischen Arbeitsalltag erhalte. Wobei: Gerade beim Sport kommt es immer wieder vor, dass ich ausgiebig über geschäftliche Fragen nachdenke. Ich bin ein Bewegungsmensch, auch beim Denken.

Beat Matter

Beat Matter

Ich schreibe. Und ich fotografiere. Beides fliessend. Für Medien, Unternehmen, Stiftungen, Verbände, Vereine und Private.

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