«Der SBV ist kein Schönwetterverband»

Der Schweizerische Baumeisterverband (SBV) feiert sein 125-Jahr-Jubiläum. Im Gespräch blickt Zentralpräsident Gian-Luca Lardi auf Errungenschaften, die gelangen. Und auf Herausforderungen, die noch bevorstehen. (Text und Fotos: Beat Matter; für „die baustellen“ Nr.05/2022)

«die baustellen»: Nach zwei Pandemiejahren wäre jetzt der ideale Frühling, um das 125-Jahr-Jubiläum des SBV zu feiern. Nun aber prägt der Krieg in der Ukraine die gesellschaftlichen, politischen und auch wirtschaftlichen Entwicklungen: Wie gehen Sie mit diesem Nebeneinander von Freude, Leid und vielfältigen Risiken um?

Lardi: Das ist ein Spagat, von dem wir in dieser Zeit alle betroffen sind. Auf der einen Seite freuen wir uns über das Jubiläum und blicken stolz darauf zurück, was die Schweizer Baumeister gemeinsam mit ihrem Verband in den vergangenen 125 Jahren erreichen konnten. Auf der anderen Seite wird alles überschattet vom Krieg in der Ukraine, dieser menschlichen und gesellschaftlichen Tragödie.

In den zwei Jahren vor dem Jubiläum hat der SBV mit seinem Tour d’Horizon an verschiedenen Standorten den Kontakt zur Bevölkerung gesucht, um herauszufinden, wie man in der Schweiz in 20 Jahren wohnen, arbeiten und Freizeit verbringen möchte. Werfen Pandemie und Krieg jetzt alles über den Haufen, was noch bis vor kurzem galt?

Der Krieg zeigt uns mit voller Wucht auf, wie wohlstandsverwöhnt wir in den vergangenen Jahrzenten im westlichen Europa agieren konnten. Aus einer solchen Haltung heraus haben wir Risiken teils massiv unterschätzt oder ignoriert, die aber – wie sich jetzt zeigt – immer präsent waren. Jetzt müssen wir uns die Frage stellen, in welchen Bereichen wir Nachholbedarf haben, um mit vorhandenen Risiken angemessen umzugehen.

Glauben Sie, es wird zu Verschiebungen bei grossen gesellschaftlichen Trends kommen?

Nein, gesellschaftliche Megatrends wie die Digitalisierung oder der nachhaltige Umbau verschiedenster Lebensbereiche bleiben bestehen. Sie werden durch Ereignisse wie die Pandemie oder den Krieg teils beschleunigt und teils verzögert, die Richtung aber bleibt dieselbe. Von daher bleiben auch die Aufgaben und bleibt der grundsätzliche Weg des SBV gleich: Wir beobachten die Welt mit offenen Augen und versuchen, für uns relevante Veränderungen zu antizipieren und aktiv mitzugestalten.

Der SBV feiert sein 125-Jahr-Jubiläum. Wie geht es dem Jubilar?

Der SBV ist sehr gut aufgestellt und unsere Stimme als Vertreter der Schweizer Baumeister hat Gewicht. Wir sind stark in der Schweizer Baubranche verwurzelt und werden von unseren Mitgliedern getragen, auf Stufe der kantonalen Sektionen sowie auch auf Stufe des nationalen Verbands. Wir fokussieren uns bei unserer Arbeit voll auf die Bedürfnisse unserer Mitglieder. Das wird wahrgenommen und geschätzt. In einer Mitgliederbefragung, die wir im Herbst 2021 durchgeführt haben, erhielten wir ein sehr positives Feedback auf unsere Arbeit. Auf einer Skala von 1 bis 10 gaben uns die Mitglieder in der Befragung im Durchschnitt 7,65 Punkte. Das ist erfreulich, zeigt aber auch, dass wir noch Luft nach oben haben.

Wenn wir ins 20. Jahrhundert zurückblicken, galt es mit zwei Weltkriegen, einer Ölkrise in den 1970er Jahren und schliesslich mit wirtschaftlich schwierigen 1990er Jahren zahlreiche schwierige Phasen zu bewältigen. Gemessen daran ist die Situation auf dem Schweizer Bau heute komfortabel, nicht?

Es ist ein Merkmal von Rückblicken, dass man immer das Gefühl hat, früher sei alles ganz anders gewesen. Wenn man allerdings alte Jahresberichte des SBV liest, ist darin auffallend oft die Rede von denselben Problemen, die uns bis heute beschäftigen: Die Preisproblematik beispielsweise. Oder der Umstand, dass der Bau seit jeher eine stark atomisierte Branche war und deshalb eine starke gemeinsame Stimme braucht, um gehört zu werden. Diese Themen sind aktuell – und waren es vor 100 Jahren schon. Natürlich konnten in der langen Zeit aber auch Probleme gelöst und teils massive Fortschritte erzielt werden. So beispielsweise in der Arbeitgeberpolitik oder auch im Bereich Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz. Und nicht zuletzt führte eine gute Organisation der Bauwirtschaft auch dazu, dass sich ein konstanter Austausch zwischen Auftraggebern und den ausführenden Bauunternehmungen etablieren konnte. Bauherrschaften konnten auf die Unternehmungen zählen und mit einer guten Planungssicherheit in die Zukunft blicken.

Sie sind seit rund 25 Jahren beruflich in der Baubranche tätig: Welches sind die wichtigsten Errungenschaften, zu denen der SBV in dieser Zeit seit der Jahrtausendwende beitragen konnte?

Nach der Jahrtausendwende trat die Immobilienwirtschaft in einen Megazyklus ein, der landauf landab sicht- und spürbar wurde – und es bis heute ist. Ein solcher Megazyklus muss aktiv begleitet und gelenkt werden, hierbei hat der SBV eine wichtige Rolle gespielt. Aus Arbeitgebersicht ist es uns in dieser Zeit gelungen, mit Gesamtarbeitsverträgen für stabile Arbeitsverhältnisse zu sorgen. Eine weitere Errungenschaft ist der Frühzeitige Altersrücktritt (FAR), der 2003 eingeführt wurde. Damals hat man zwar die demografische Entwicklung unterschätzt, aber für die Sozialpartnerschaft stellt das ein Meilenstein dar.

In derselben Zeit hat eine rasante technologische Entwicklung alle Lebensbereiche geprägt. Ist es dem SBV und seinen Mitgliedern gelungen, mit dieser Entwicklung Schritt zu halten?

Die Bauunternehmen konnten auf Firmenebene durchaus Schritt halten, ja. Sprechen wir jedoch von einer Digitalisierung und Modernisierung des Gesamtprozesses des Bauens, dann muss ich feststellen, dass wir ins Hintertreffen geraten sind. Man kann es nicht anders sagen: Wir kommen als Branche mit der Digitalisierung nicht vom Fleck.

Wie ist das zu erklären?

Während in den einzelnen Unternehmungen moderne Technik eingesetzt wird, sind die Bauprozesse und die Rollenzuteilungen der Projektbeteiligten noch dieselben, wie sie es in den 1990er Jahren waren. Daran scheitert unser Vorwärtskommen. Wollen wir die Vorteile der Digitalisierung nutzen, muss es uns endlich gelingen, neue Zusammenarbeitsmodelle zu etablieren.

Wer bremst?

In der Wahl der Zusammenarbeitsmodelle sind die Bauherrschaften zurückhaltend und wenig experimentierfreudig. Hinzu kommt, dass die Planerseite Mühe bekundet, sich von der hierarchischen Projektstruktur zu lösen, wie sie heute vorliegt. Sie sehen latent das Risiko, ihre Rolle und ihre Stellung als Treuhänder des Bauherrn zu verlieren. Das bremst die Entwicklung von neuen kooperativen Projektstrukturen massiv.

Welche Rolle kann der SBV spielen, um Fronten aufzuweichen?

Wir setzen uns seit Jahren in verschiedenen Gremien und auf verschiedenen Stufen dafür ein, dass neue Modelle der Zusammenarbeit entwickelt und umgesetzt werden können. In Projekten, in denen das gelingt, sind die Erfahrungen aller Projektbeteiligter ausgezeichnet. Es ist von echter Teamarbeit die Rede und davon, dass alle Beteiligten die gleichen Interessen verfolgten, anstatt sich kreuz und quer zu bekriegen. Das sind doch Projekte, die wir alle gemeinsam anstreben sollten. Deshalb sind wir aktiv auf der Suche nach Bauherrschaften und Planern, die bereit sind, neue Wege zu gehen.

Sind Ihre Mitglieder bereit, eine andere Rolle zu spielen und mehr Verantwortung für das Gesamtprojekt zu übernehmen?

Wo sich die Gelegenheit bietet, um neue Modelle der Zusammenarbeit auszuprobieren, zeigt sich, dass unsere Mitglieder sehr offen und absolut fähig sind, neue Wege zu gehen. Dass es Zeit braucht, bis solche einzelnen Projekte auf die ganze Branche abstrahlen, liegt auf der Hand. Die Frage ist bloss: Wollen wir 20 Jahre dafür brauchen, um Modelle zu entwickeln, die für alle Beteiligten vorteilhaft sind. Oder wären fünf Jahre nicht lange genug?

Der Masterplan «SBV-Berufsbildung 2030» zielt darauf ab, die Berufsbilder des Baus zu modernisieren. Mit der neu ausgerichteten Berufsbildung soll der Fachkräftemangel entschärft werden, in dem vermehrt technologieaffine junge Leute vom Bau begeistert werden können. Sind solche Ziele gefährdet, wenn es der Branche partout nicht gelingt, in der Bau-Praxis neue Modelle der Zusammenarbeit umzusetzen?

Wenn wir uns weiterhin als Branche verkaufen, die ein zweifarbiges Mauerwerk hochzieht, müssen wir uns sicher nicht wundern, wenn sich junge Leute lieber in anderen Branchen ausbilden lassen. Entsprechend stark setzen wir uns dafür ein, dass uns Fortschritte gelingen. Insgesamt sind wir im Bildungsbereich sehr aktiv und konnten mit dem Masterplan «SBV-Berufsbildung 2030» einen wichtigen Transformationsprozess anstossen. Wir brauchen junge Leute, die das Handwerk mit einer ausgeprägten Technologie- und IT-Affinität verbinden können. Unsere Bildungspolitik bereitet den Weg dafür.

Sie haben den Megazyklus erwähnt, in dem sich die Immobilienwirtschaft seit 20 Jahren befindet. Eine einschneidende Krise musste die Branche in diesem Jahrtausend noch nicht durchstehen. Wäre der SBV fit dafür?

Mit Covid waren wir vor zwei Jahren mit einer Krise konfrontiert, die das Potenzial hatte, auch unsere Branche voll zu treffen. Zu Beginn der Pandemie gab es Bestrebungen, die Baubranche stillzulegen. Auch dank dem Mitwirken des SBV ist es gelungen, dies zu verhindern. Und auch in der späteren Bewältigung der Pandemie spielten wir eine wichtige Rolle. Wir unterstützten unsere Mitglieder in der Umsetzung der verschiedensten Stufen von Corona-Regelungen und berieten sie teils auch im Umgang mit Unterstützungsgeldern etc. Dass es uns gelungen ist, angesichts dieser ausserordentlichen Situation umgehend tragfähige Lösungen aufzuzeigen und umzusetzen, ist für mich ein Beleg dafür, dass der SBV keinesfalls nur ein Schönwetterverband ist. Wir sind bereit und fähig, auch in Krisen zu handeln.

In einem Interview sagten Sie jüngst, die aktuell gute Umsatzlage sollte auch für die Marge genutzt werden können. Anstatt die Auftragsbücher vorschnell zu füllen, müsste man wieder lernen, «Nein zu sagen zu unrealistischen Ausführungsterminen, inakzeptablen Vertragsbedingungen und nicht nachhaltigen Preisen». Wenn man heute mit Bauunternehmern spricht, muss man feststellen: Es gelingt nicht. Ärgert Sie das?

Man muss das in einen zeitlichen Kontext stellen: Erst vor wenigen Jahren ist es uns eine vielversprechende Revision des öffentlichen Beschaffungswesens gelungen. Mit dem Paradigmenwechsel von der Preisorientierung hin zu einer breiteren Qualitätsorientierung wird ein System verändert, das jahrzehntelang nach denselben Prinzipien funktionierte. Das braucht Zeit und etwas Geduld.

Wie viel?

Wir werden in den nächsten Jahren einen langsamen Wandel sehen und eine stetige Verbesserung hin zu einem stärkeren Qualitätsbewusstsein in der Vergabe. Dies auch deshalb, weil mehr und mehr Bauherren die teils schmerzliche Erfahrung machen, dass billig zu bauen auf mittlere bis lange Frist eben nicht die günstige Lösung ist. Die Rahmenbedingungen für die wichtigen Veränderungen sind geschaffen. Jetzt geht es darum, Schritt für Schritt die Umsetzung voranzutreiben. Auch hier wünsche ich mir von der Planerseite, dass sie mit uns am gleichen Strick zieht.

Nicht nur die Ausschreibenden, sondern auch die Offerierenden sind es sich lange gewohnt, mit Tiefpreisen zu operieren. Können sie überhaupt anders?

Daran zweifle ich nicht. Was aber noch vor uns liegt: Wir müssen unsere Mitglieder davon überzeugen, nicht jedes Mal reflexartig zu rekurrieren, wenn sie als tiefster Anbieter einen Zuschlag nicht erhalten. Denn damit arbeiten sie just dem Paradigmenwechsel entgegen, den wir doch alle herbeiführen wollen. Es braucht die Sportlichkeit unsere Mitglieder, zu akzeptieren, dass man mit dem tiefsten Angebot nicht unbedingt den Auftrag holt.

Eine Herausforderung, vor der nicht nur der Bau, sondern die ganze Gesellschaft steht, ist der Klimawandel. In der Klimadiskussion steht die Baubranche in einer herausfordernden Position: Einerseits ist der Bau ein Branchenzweig mit beträchtlichem Schadstoffausstoss. Andererseits verfügt die Branche über die Fachleute und das Know-how, um den Gebäudepark und die Infrastrukturen zukunftsfähig zu machen. Wie gehen Sie kommunikativ mit dem Spagat um?

Der Handlungsbedarf ist allgemein anerkannt und ich spüre in der Branche die Lust und die Motivation, Verbesserungen im Umweltbereich herbeizuführen. Innovative Unternehmer, die CO2-reduzierten Beton entwickeln oder sogar Beton, der CO2 bindet, stehen stellvertretend dafür. Parallel dazu arbeiten wir auf Verbandsebene intensiv daran, dass die Rahmenbedingungen für eine angestrebte Kreislaufwirtschaft so ausgestaltet werden, dass wir die wichtigen Potenziale auf dem Bau auch wirklich nutzen können. Auch im Bereich von Energiestrategie und CO2-Gesetz bringen wir uns ein, so dass die Bauwirtschaft einen positiven Beitrag leisten kann.

Der SBV hat jüngst die «Offensive Modernisierung Gebäudepark» gestartet. Es handelt sich um einen 12-Punkte-Plan mit Massnahmen, die entscheidend seien, um die Klimaziele 2050 zu erreichen. In den vergangenen Wochen kam die Offensive etwas in die Kritik, weil sie auf Ersatzneubauten fokussiert und energetische Sanierungen aussenvorlässt.

Es wäre falsch, kurzzuschliessen, wir setzten uns dafür ein, dass nur noch Ersatzneubauten realisiert werden. Das ist nicht der Fall; wir fordern in unserer Offensive vielmehr die Gleichbehandlung von Ersatzneubauten gegenüber Sanierungen, beispielsweise im Bereich von energetischen Fördermassnahmen etc. Dafür setzen wir uns nicht ein, weil Sanierungen etwas Schlechtes wären. Im Gegenteil: Sanierungen sind gut und wichtig. Aber die Sanierung von Bestandesbauten wird nicht ausreichen, um die notwendige Transformation im Gebäudepark zu realisieren.

Im Argumentarium betont der SBV zudem die Verdichtung.

Genau. Ersatzneubauten ermöglichen es, energetische und raumplanerische Aspekte zusammenzuführen. Die Notwendigkeit zur Verdichtung ist unbestritten, schliesslich bewegen wir uns in Richtung einer 10-Millionen-Schweiz. Gelingt es uns nicht, in urbanen Räumen ausreichend zu verdichten, müssen zwangsläufig neue Grünflächen eingezont und bebaut werden. Hinzu kommt, dass die Verdichtung der Zentren das probate Mittel ist, um das Mobilitätsverhalten der Menschen nachhaltig zu prägen.

Dennoch bleibt das Hauptargument der Ersatzneubau-Kritiker bestehen: Die graue Energie.

Die Problematik ist uns bewusst. Genau hier spielt das Potenzial einer wirkungsvollen Kreislaufwirtschaft hinein. Die grösste inländische Ressource an mineralischen Baustoffen ist der aktuelle Gebäudepark, der zu einem beträchtlichen Teil sanierungsbedürftig ist. Die Schonung der Ressource Boden durch Verdichtung, nachhaltiger Umgang mit Ressourcen durch Kreislaufwirtschaft und die Erreichung der Klimaziele greifen ineinander. Was uns aber auch bewusst sein muss: Die nötige Transformation des Gebäudeparks wird 20 bis 30 Jahre dauern. In dieser Zeit werden wir technologische Fortschritte sehen, die uns auch im Bereich der grauen Energie deutlich weiterbringen werden. Und genau in diesem Punkt habe ich ein bisschen Mühe mit unseren Kritikern. Als die Energiestrategie 2050 zur Abstimmung stand, hiess es von vielen Befürwortern: Ja, die nötigen technischen Lösungen sind heute noch nicht da. Aber sie werden kommen, weshalb wir uns jetzt auf den Weg machen müssen. Sprechen wir nun über den Umbau des Gebäudeparks, blenden dieselben Leute völlig aus, dass es in den nächsten 30 Jahren substanzielle technische Fortschritte geben wird.

Unmittelbarer vor der Tür stehen die Verhandlungen über den Landesmantelvertrag mit den Arbeitnehmervertretern. Inhaltlich liegt die grundsätzliche Stossrichtung des SBV in diesen Verhandlungen längst offen auf dem Tisch. Man will einen schlankeren, unbürokratischeren Vertrag, der Punkto Arbeitszeiten mehr Flexibilität ermöglicht. Wie leiten Sie das her?

Wenn ich auf die Verhandlungen im Jahr 2018 zurückblicke, hat sich der gesellschaftliche Kontext zwischenzeitlich spürbar verändert. Wir haben eine Pandemie hinter uns, die einen Schub der Digitalisierung und der Flexibilisierung in die Arbeitswelt gebracht hat. Flexible Arbeitszeiten und mobile Arbeitsplätze sind innert kürzester Zeit völlig normal geworden und werden gerade auch von den Arbeitnehmenden verlangt. Um diese Flexibilisierung der Arbeitswelt nachhaltig möglich zu machen, ist jedoch eine administrative Vereinfachung derselben Arbeitswelt zwingend erforderlich. Wenn wir uns genau das für unseren LMV wünschen, nehmen wir Anliegen der Gesellschaft und der Arbeitnehmenden auf.

Angesichts der gegenwärtigen Preisentwicklungen: Rechnen Sie damit, dass letztlich doch wieder die Lohnfrage im Zentrum der Gespräche steht?

Das wäre schade. Der Mehrwert, dass man unter Sozialpartnern etwas verbindlich aushandelt, das über die gesetzlichen Vorgaben hinausgeht, besteht ja darin, dass man dadurch auf die Typizität der Branche eingehen kann. Blendet man das aus und konzentriert sich auf reine Lohnforderungen, lässt man das Potenzial, das im sozialpartnerschaftlichen Dialog steckt, weitgehend ungenutzt. Die Grundlage, um dieses Potenzial zu nutzen, liegt jedoch in der Kompromissbereitschaft beider Seiten.

Sind sie zuversichtlich, dass man im Herbst zu einem guten Vertrag gelangt?

Ich erlebe diese frühe Gesprächsphase so, dass wir vom SBV uns auf gemeinsame Interessen fokussieren, während die Gewerkschaften im Moment vor allem die Differenzen hervorheben. Das sind nicht optimale Voraussetzungen für einen erfolgreichen Prozess. Ich hoffe deshalb, dass es uns in den nächsten Gesprächen gelingt, eine gute gemeinsame Basis zu legen, von der aus wir uns den heikleren Punkten annähern können.

Soeben wurden Sie von der Generalversammlung für Ihre dritte Amtszeit als Zentralpräsident bestätigt. Mit welchen Zielsetzungen haben Sie sich dafür empfohlen?

Meine erste Amtszeit war charakterisiert durch zwei LMV-Erneuerungen sowie die finanzielle Neuausrichtung des FAR. Meine zweite Amtszeit war geprägt von der Revision des öffentlichen Beschaffungswesens sowie der Berufsbildung mit dem «SBV-Masterplan 2030». In meiner dritten Amtszeit möchte ich Zukunftsthemen wie Nachhaltigkeit, Kreislaufwirtschaft, Raumplanung und Energie in den Vordergrund stellen. Aus Arbeitgebersicht kommen die Herausforderungen mit der Revision der Vorsorgewerke hinzu. Sie sehen: Da ist genügend Stoff für diese dritte Amtszeit.

Beat Matter

Beat Matter

Ich schreibe. Und ich fotografiere. Beides fliessend. Für Medien, Unternehmen, Stiftungen, Verbände, Vereine und Private.

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