Robin Tschopp, 39, Bauunternehmer, hat den logistischen Ansatz in das Familienunternehmen eingebracht. In langen Diskussionen fehlt ihm manchmal einer, der bestimmt. (die baustellen Nr.11/2008)

Mein Vater hat das Baugeschäft 1952 gegründet. Aus dem Nichts. Es war sein Leben. Und der Capo fehlt. Er hat uns etwas Schönes hinterlassen. Und wenn ich heute in Langnau den Hügel hinauf, hoch zum Werkhof fahre, vorbei an den Häusern, die er gebaut hat, dann sehe ich immer wieder, dass er auch anderen Leuten Schönes hinterlassen hat. Die Häuser sind solide gebaut. Nach alter Schule – und heute noch tadellos. Ganz im Gegensatz zu vielen neueren Häusern im Ort, bei denen die Probleme manchmal schon auftreten, bevor je einer darin wohnte. Nach schlechten Erfahrungen im vergangenen Jahr entschieden wir, uns nicht mehr im Neubau zu betätigen. Mein Vater hat immer gesagt, er arbeite stets so, als ob er für sich selbst bauen würde. Das Motto habe ich übernommen. Aber mit diesem Anspruch an mich und an uns geht die Sache im Neubaubereich für uns nicht mehr auf.

Familiäre Arbeitsteilung
Wir haben die Arbeiten aufgeteilt. Mein Bruder macht den Hochbau. Seit wir uns aus dem Neubau zurückgezogen haben, sind es Umbauten und Renovationen. Ich bin für den Tiefbau zuständig, bin auf Pikett für die Gemeinden in der Umgebung, wenn es um Leitungsbrüche geht. Eine gute Nische, die kaum jemand besetzen will. Meine Schwester macht das Büro. Und meine Mutter die Buchhaltung. Die Konstellation ist nicht immer einfach. Jeder ist zwar für seinen Bereich zuständig, aber wenn grössere Entscheidungen anstehen, müssen wir zu viert diskutieren und einen Konsens finden. Klar, man kann in einem Familienbetrieb nicht als einzelner sagen, wie etwas zu laufen hat, und erwarten, dass die anderen es akzeptieren. Aber manchmal … Der Capo fehlt. Gleichzeitig hat diese Konstellation aber ihre unbestritten guten und auch schönen Seiten. Wenn etwas schiefläuft, ist man nicht alleine. Die Lasten werden von verschiedenen Schultern getragen.

Die Logistik eingebracht
Mir wurde der Bau sozusagen eingeimpft. Er war immer ein Thema bei uns daheim. Und es war immer mein Traum, den Betrieb des Vaters weiterzuführen. Ursprünglich wollte ich Zimmermann werden. Doch kurz bevor ich als Oberstufenschüler die Entscheidung fällen musste, verunglückte ein Zimmermann auf einer Baustelle im Ort tödlich. Das brachte mich davon ab. Mein grundsätzliches Ziel war es, einfach eine Lehre zu machen. Eine gute Grundausbildung zu erhalten. Und weil ich schon immer mechanisch begabt war, entschloss ich mich zu einer Lehre als Automechaniker. Sie war mir nützlich, als ich anschliessend ins Geschäft meines Vaters eintrat. Der Automechaniker zeichnet sich nämlich dadurch aus, dass er seine Arbeit vorbereiten muss. Er überlegt sich, welche Teile er für eine Reparatur benötigt, und organisiert sie so, dass er sie sofort einbauen kann, sobald er sie braucht. Von solch einem Denken war zu jener Zeit auf dem Bau noch nichts vorhanden. Man reagierte immer erst, wenn es schon dringend war. Logistik war ein Fremdwort. Ich glaube, ich konnte diesen Ansatz in die Firma hineintragen.

Nachfolger
Im Sommer ist mein zweiter Sohn Yven zur Welt gekommen. Der vierjährige Jason steht schon auf Bagger und solche Dinge. Darüber, ob einer von ihnen, oder beide, dereinst allenfalls das Geschäft übernehmen, will ich noch nicht nachdenken. Klar, es wäre schön. Aber ein Zwang in diese Richtung wäre sicher falsch. Meine Mutter fragt Jason ab und zu, ob er mal auf den Bau wolle. «Ja. Aber nur als Chef», antwortet er dann.

Beat Matter

Beat Matter

Ich schreibe. Und ich fotografiere. Beides fliessend. Für Medien, Unternehmen, Stiftungen, Verbände, Vereine und Private.

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