Christian E. Peter ist geschäftsführender Inhaber der Element AG. Seine Betonvorfabrikation mit Produktionsstandorten in Tafers (FR) und Veltheim (AG) setzt auf durchgängig hohe Qualität, auf regionale Ressourcen – und auf Menschen, die etwas bewegen wollen. (Text und Fotos: Beat Matter für „Admixture News“ Dezember 2024)

Hochbauzeichner, Architekt, Jurist, Betriebsökonom, Portfoliomanager bei der früheren SKA, Premium-Kundenbetreuer bei der späteren Credit-Suisse: Spreche ich hier mit einem Planer, einem Banker oder einem industriellen Unternehmer?

Sie sprechen mit einem, der ein bisschen alles zusammen ist. Im Verlaufe meiner beruflichen Laufbahn habe ich mich mit unterschiedlichen Materien befasst, die jedoch im Alltag vielfältige Berührungspunkte aufweisen. Ich wollte immer verstehen, wie die Dinge in unserem geschäftlichen und gesellschaftlichen Umfeld ablaufen und zusammenspielen. Dadurch angetrieben, erarbeitete ich mir Wissen und Erfahrungen, die mir praktisch jeden Tag zugutekommen.

2015 kauften Sie mit weiteren Teilhabern die Element AG vom irischen Baustoff-Konzern CRH ab. Wie kam das?

In den Nullerjahren führte ich die privat gehaltene Unternehmensgruppe, zu der die Element AG damals gehörte. Als die Eigentümer 2005 den Verkauf der Firma beschlossen, war ich es, der den Deal mit CRH aushandelte und abschloss. Als mir knapp zehn Jahre später zu Ohren kam, dass CRH nach einem Käufer für die kriselnde Element AG sucht, löste das bei mir keinen Kaufreflex aus. Nach und nach aber gärte die Idee, dass in der Firma ungenutztes Potenzial steckt. Zusammen mit zwei Partnern kaufte ich schliesslich die Firma und machte mich als Geschäftsführer umgehend daran, Schritte einzuleiten, um sie zu stabilisieren und in die Moderne zu führen. Seit Anfang Jahr tue ich dies als Alleininhaber.

Wie unterscheidet sich die Element AG von anderen Beton-Vorfabrikanten am Markt?

Uns hebt ab, dass wir in beiden unserer Werke den Manufaktur-Gedanken leben: Wir bieten also von Beratung und Verkauf über Engineering und Produktion bis zur Montage ein umfassendes Leistungspaket aus einer Hand. So können wir über heikle Schnittstellen hinweg eine durchgängige Qualitätssicherung gewährleisten.

Die Beton-Vorfabrikation ist eine hochspezialisierte Branche. Was fasziniert Sie daran?

Mich verblüfft und motiviert, dass die Betonvorfabrikation in der Schweiz nach wie vor ein Dasein als Mauerblümchen fristet. Dies, während ennet der Landesgrenzen in zahllosen Projekten aufgezeigt wird, welch grosses Potenzial darin steckt. Es sind vereinzelte Leuchtturmprojekte, die meine Überzeugung wachhalten, dass die Vorfabrikation auch in der Schweiz einen grösseren Stellenwert haben könnte und sollte. Womöglich gibt die eher schleppende Digitalisierung des Schweizer Baus dereinst einen Impuls in diese Richtung. Und womöglich tragen auch Bauherrschaften zu dieser Entwicklung bei, die aus finanziellen Gründen vermehrt offen sind für alternative und effizientere Bauweisen.

Die Standard-Erklärung für den vergleichsweise niedrigen Anteil der Beton-Elementbauweise lautet: In der Schweiz wird zu individualistisch gebaut.

Viele Mosaiksteinchen tragen zur Situation bei. Den Hauptgrund sehe ich im Fehlen von Wissen und Erfahrung. In der Ausbildung und dann auch in der Praxis von Planern sowie Ausführenden bleibt die Beton-Vorfabrikation bis heute eine Randnotiz. Vielen Schweizer Architekten und Ingenieuren fehlt es an grundlegenden Kenntnissen des Elementbaus und dessen vielfältigen Möglichkeiten. Vielen Bauherrschaften wiederum fehlt es an der internationalen Vernetzung, die ihnen aufzeigen würde, welche ungenutzten Möglichkeiten in der Beton-Vorfabrikation liegen.

Ökologie und Nachhaltigkeit sind zentrale politische Richtgrössen geworden. Wie blicken Sie als Chef einer Betonvorfabrikation auf die Entwicklung?

Ich habe Freude an der Bewegung, die in den letzten Jahren stattgefunden hat. Leider zeigt sich, dass die äusserst dynamische Entwicklung da und dort zu starren, fast schon religiös anmutenden Haltungen führt. Meine Grundüberzeugung ist: Die Produktion von Baustoffen, sei es Beton, Holz, Stahl oder seien es hybride Mischformen, hinterlässt immer einen spezifischen CO2-Fussabdruck. In einer differenzierten Nachhaltigkeitsbetrachtung stellt sich folglich nicht die Frage, welcher Baustoff gut und welcher böse ist – sondern vielmehr, welcher Baustoff wo und wie eingesetzt werden soll, damit er die spezifischen Stärken effizient ausspielen kann.

Wie reduzieren Sie bei der Element AG konkret den CO2-Fussabdruck?

In den vergangenen knapp zehn Jahren haben wir beispielsweise unseren Strombedarf um knapp 70 Prozent gesenkt, bei gleichzeitig steigendem Produktionsvolumen. Parallel dazu haben wir unsere Betonmischungen sukzessive zertifiziert, CO2-optimiert sowie den Anteil von Recycling-Beton bei geeigneten Anwendungen erhöht. Dies bei Fassadenelementen ebenso wie bei Tragkonstruktionen. Das entscheidende Nachhaltigkeitspotenzial in der Betonvorfabrikation liegt jedoch nicht in der Ausführung.

Sondern in der Planung?

Exakt! Die grösste Emissionsreduktion lässt sich in der Beton-Vorfabrikation erreichen, indem die Elemente so konstruiert werden, dass für ihre Produktion möglichst wenig Material benötigt wird. Das wirkt sich zugleich vorteilhaft auf die Produktions- und Transportkosten aus. Es ist eine zentrale Erkenntnis, dass eine intelligente Nachhaltigkeitsbetrachtung nicht nur zu Fortschritten im ökologischen Bereich führt, sondern auch ökonomische und letztlich gesellschaftliche Gewinne mit sich bringt.

Machen Sie Optimierungsvorschläge, wenn Sie bei ausgeschriebenen Elementen Nachhaltigkeitspotenziale erkennen?

Wir verfügen über profundes Know-how in der Vorfabrikation und unterstützen damit gerne unsere Kunden bei der Optimierung ihrer Projekte. Realistischerweise muss man aber festhalten: Aufträge werden über den Preis vergeben, revidiertes Beschaffungswesen hin oder her. Das mag sich ändern, wenn die neuen gesetzlichen Grundlagen bei öffentlichen Ausschreibungen ihre Wirkung entfalten, noch spüren wir aber nichts vom erhofften Mentalitätswechsel. Um zum Auftrag zu kommen, müssen wir also nicht über Nachhaltigkeitspotenziale reden, sondern ein Preisschild vorlegen, das überzeugt. Erst wenn wir den Zuschlag erhalten, besteht gegebenenfalls die Möglichkeit, Optimierungen anzuregen. Tun wir dies, zeigt sich ein gewisses Dilemma, in dem die Bauwirtschaft feststeckt.

Welches Dilemma?

Bauherrschaften sind erfahrungsgemäss dann offen für Optimierungsvorschläge, wenn sie zu einer günstigeren Produktion führen. Führt eine optimierte Ausführung jedoch durch Materialeffizienz zu einer Reduktion der Bausumme, läuft das den Interessen der Planer zuwider, deren Honorare nach wie vor meist von den aufwandbestimmenden Baukosten abgeleitet werden. Das ist eine ungute Verstrickung.

Wie kann das Dilemma durchbrochen werden?

Mit dem so genannten „Bauen und Planen in Projektallianzen“ laufen neue Bestrebungen, um partnerschaftliches Bauen zu forcieren, das die relevanten Projektbeteiligten früh zusammenführt. Wir haben im vergangenen Jahr für einen kleinen Schweizer Industriebau Betonelemente vorfabriziert, der nach einem solchen partnerschaftlichen Baumodell ausgeführt wurde. Die Bauherrschaft legte zu einem frühen Zeitpunkt fest, mit welchen Unternehmern sie in den Schlüsselbereichen zusammenarbeiten will. Die Planer arbeiteten in der Folge mit diesen Unternehmern zusammen, um ein umfassend optimiertes Projekt mit fair aufgeschlüsselten Kosten zu kreieren. Die Erfahrung war für alle Beteiligten sensationell.

Sie haben vorhin angesprochen, dass Sie die Betonrezepturen optimiert haben, die in Ihren Werken verwendet werden. Wie muss man sich diesen Prozess vorstellen?

Wir produzieren unsere Betonmischungen seit jeher direkt vor Ort. Dies, um die Betonqualität in eigener Verantwortung sicherzustellen. Neben dem laufenden Tagesgeschäft setzt sich unsere Abteilung Betontechnologie intensiv damit auseinander, mit anderen Zementen, verschiedenen Sand- und Kiessorten sowie mit neuen Zusatzmitteln Betonmischungen zu realisieren, die sicher sind und zugleich energetische Sparpotenziale nutzen. Eine solche Erkenntnis war es beispielsweise, dass wir in der Lage sind, aus Leichtbeton Elemente für Tragkonstruktionen vorzufertigen. Mit einem spezifischen Gewicht, das um knapp einen Drittel unter jenem von konventionellem Konstruktionsbeton liegt, ist das Nachhaltigkeitspotenzial augenfällig.

Welche Rolle spielen Zulieferer wie beispielsweise die Master Builders Solutions Schweiz AG dabei, Ihren Beton weiterzuentwickeln?

In der Betonentwicklungen befinden wir uns auf einem Weg, der nie aufhört. Um ihn unablässig weiterzuverfolgen, sind wir darauf angewiesen, dass unsere Zulieferer über neueste Kenntnisse verfügen und uns damit kompetent begleiten. Glücklicherweise haben wir in der Schweiz Partner in der Baustoff-Industrie und spezifisch in der Beton-Chemie, die über sehr kompetentes technisches Personal verfügen. Die Zusammenarbeit – unter anderem mit Master Builders Solutions – funktioniert sehr gut.

Sie betonen auf der Website die Zusammenarbeit mit regionalen Partnern. Warum ist Ihnen das wichtig?

Es ist ein Fixpunkt meines unternehmerischen Nachhaltigkeitsdenkens, dass man Ressourcen nutzt, die regional vorhanden sind. Aus dieser Haltung heraus käme es mir beispielsweise nicht in den Sinn, Kies aus Italien oder Deutschland zu beziehen, obwohl es finanziell interessant sein könnte. Kommt hinzu, dass wir in der Schweiz ein allgemeines Qualitätsverständnis haben, das diesen Namen noch verdient. Das ist wertvoll und ich will dazu beitragen, es zu bewahren.

In der Theorie passen Vorfabrikation und ein digitalisierter Bauprozess hervorragend zusammen, um effizient zu bauen. Wie ist die Element AG diesbezüglich aufgestellt?

Wir gehören im Bereich der Beton-Vorfabrikation zu den digitalen Spitzenreitern in der Schweiz. Wir bewegen uns sukzessive auf das Ziel zu, einen modellbasierten, durchgängigen Workflow von Angebot, Projektmanagement, Detailplanung, Fabrikation bis zur Montage zu gewährleisten. Seit 2019 produzieren wir anhand von parametrischen Ausführungsmodellen. Weitere Optimierungen setzen wir laufend um.

Sie sind als Vorfabrikant also bereit, an einem weitgehend digitalen Bauprozess teilzunehmen. Sind es Ihre Auftraggeber auch?

Es ist nach wie vor die Ausnahme, dass wir von unseren Auftraggebern digitale Ausführungsmodelle erhalten. In der Regel bekommen wir digitale, aber konventionelle Planunterlagen, aus denen wir aus eigenem Antrieb parametrische Ausführungsmodelle generieren. Man kann nicht sagen, dass sich die Branche gar nicht bewegt. Ich würde mir aber wünschen, sie täte dies in einem deutlich höheren Tempo. Wir sind weit davon entfernt, die Potenziale nutzen zu können, die sich in einem durchgängigen, digitalisierten Bauprozess bieten.

Ist Robotisierung ein Thema?

Die Individualität der Elemente, die wir vorfertigen, ist aus heutiger Sicht zu gross, um für deren Produktion Robotertechnik einzusetzen. Entsprechend ist in unserer digitalisierten Fabrikation nach wie vor viel Hand- und Kopfarbeit gefragt.

Sie sagten jüngst in einem Interview, dass Ingenieure und Konstrukteure, die im Beton-Elementbau Grenzen ausloten wollen und digital auf der Höhe sind, fast nur im Ausland zu rekrutieren sind. Wie erklären Sie sich das?

Da wir in unserer Fabrikation vollständig mit parametrischen Modellen arbeiten, brauchen wir im Engineering Fachleute, die solche Werkzeuge beherrschen. Diese Fähigkeit sehe ich bei Absolventen von Schweizer Hochschulen bisher leider nicht. Wir – und weitere Schweizer Vorfabrikanten, die modellbasiert produzieren – sind deshalb gezwungen, Ingenieure und Konstrukteure dort zu rekrutieren, wo Fachleute mit entsprechenden Kenntnissen ausgestattet werden. In Ländern wie Portugal, Ungarn oder Kroatien ist das der Fall. Wohlgemerkt: Ich würde sehr gerne Schweizer Ingenieure und Konstrukteure anstellen, die modellbasiert arbeiten können. Auch sie gehörten zu den regionalen Ressourcen, die ich nutzen möchte. Aber ich finde sie nicht.

Die Element AG betreibt zwei vollausgerüstete Werke in Tafers (FR) und Veltheim (AG). Wie stellen Sie sicher, dass an beiden Standorten nach Ihren Werten gearbeitet wird?

Die Element AG ist keine One-Man-Show, sondern betreibt Mannschaftssport. Ich kann auf eine Geschäftsführung und auf Mitarbeitende zählen, mit denen ich den Spirit teile.

Was zeichnet diesen Spirit aus?

Im Kern geht es darum, dass wir die Element AG als Umgebung ausrichten wollen, in der nicht bloss Lohnabholer arbeiten, sondern Mitarbeitende, die sich einbringen und Teil eines Ganzen sein wollen. Das ist kein Zustand, den man irgendwann erreicht, sondern es ist eine Qualität, an der wir alle konsequent arbeiten müssen. Ob als Inhaber und Geschäftsführer, als Ingenieur oder als Betonwerker: Bei uns hat es eine Wirkung und kann man etwas bewegen, wenn man sich aktiv und konstruktiv einbringt.

Beat Matter

Beat Matter

Ich schreibe. Und ich fotografiere. Beides fliessend. Für Medien, Unternehmen, Stiftungen, Verbände, Vereine und Private.