Mit Kibeco hat die Kibag eine Marke für nachhaltige Baustoffe und Dienstleistungen geschaffen. Philippe Peter, zuständig für Kibeco, erklärt die jüngste Produktentwicklung und schildert, wie in der Branche Silodenken durch offene Kooperationen abgelöst wird. (Text und Fotos: Beat Matter für „die baustellen“ Nr.10/2024)
Die Bauindustrie steht nach wie vor im Ruf, konservativ und träge zu sein. Wie reagiert der Markt auf Baustoff-Innovationen?
Sehr gut. Es wird von uns als Baustoff-Produzent gefordert, dass wir Innovationen vorantreiben und neue Produkte auf den Markt bringen. Dies vonseiten der Bauherrschaften und Investoren, aber auch vonseiten der Anwender. In der Entwicklungsphase stossen Innovationen erfahrungsgemäss auf ein gewisses Misstrauen. In der Bauindustrie steigen Glaubwürdigkeit und Vertrauen markant an, sobald man Labor-Ergebnisse mit praktischen Referenzprojekten untermauern kann.
Mitte August wurde eine Partnerschaft zwischen Kibag, Holcim und dem ETH Startup Oxara kommuniziert. Gemeinsam will man die Baustoff-Innovation «Oxacrete Oulesse» etablieren, ein zementfreies Bindemittel. Wie ist es zu dieser Partnerschaft gekommen?
In der Partnerschaft teilen wir die Vision und verfolgen das gemeinsame Ziel: die Kreislaufwirtschaft und die Dekarbonisierung des Bauens voranzutreiben. Die beiden Stossrichtungen unter einen Hut zu bringen, ist eine Herausforderung. Um sie praxisgerecht anzugehen, steht mit dem zementfreien Bindemittel Oxacrete Oulesse, das wir mit Oxara zur Marktreife entwickelt haben, ein weiteres potenzialreiches Produkt zur Verfügung. Um die Entwicklung auf die nächste Stufe zu skalieren, suchten wir den geeigneten Vertriebspartner – und fanden ihn mit Holcim als weltweit etablierten und auch in den Schweizer Regionen stark präsenten Zementproduzenten.
In der Mitteilung wird die Absicht formuliert, das Bindemittel «flächendeckend auf dem Schweizer Baumarkt zu etablieren». Ist das Zwischen- oder Endziel?
Es ist das nächste Ziel. Nach erfolgreichen Versuchsreihen sowie erfolgreichen ersten Projekten geht es nun darum, die breitere Anwendung zu forcieren. Da bietet die Schweiz mit ihren hohen Qualitätsanforderungen einen optimalen Prüfstein. Oxara-Gründer Gnanli Landrou betonte letztes Jahr bei der Produktankündigung, dass ein Baustoff, der in der Schweiz überzeugt, auch weltweit Chancen hat. Wir wollen herausfinden, ob das stimmt.
Holcim kommt als Vertriebspartner hinzu. Wie ist die Rollenteilung zwischen der Kibag und Oxara?
Nach gemeinsamen Entwicklungsjahren kümmern wir uns bei der Kibag produktionsseitig um die Aufbereitung des Mischabbruchs, aus dem das Bindemittel Oxacrete Oulesse grösstenteils besteht. Oxara produziert den Aktivator. Alle drei Partner bemühen sich fortan um Referenzprojekte und beraten interessierte Kunden.
Mit dem Bindemittel wird eine Beton-Alternative hergestellt, welche die Kibag unter dem Namen Kibeco cleancrete Oulesse anbietet. Was kann der Baustoff?
Kibeco cleancrete Oulesse ist ein leistungsfähiger zementfreier Betonersatz. Er erreicht Festigkeiten bis zu 25Mpa und weist eine hohe Wasserbeständigkeit auf. Entsprechend kann er für eine Vielzahl von Anwendungen als direkter Ersatz für konventionellen Konstruktionsbeton bis C20/25 verwendet werden, so beispielsweise für tragende Wände, Böden sowie gegossene Elemente. Die detaillierten normativen Grundlagen werden aktuell ausgearbeitet und standardisiert. Kibeco cleancrete Oulesse ist zirkulär und bis zu 80 Prozent CO2-reduziert, der damit hergestellte Baustoff weist einen markant kleineren Fussabdruck auf als so genannt «grüne» Betonsorten mit reduziertem Zementgehalt.
Erfordert der Baustoff eine neue Verarbeitungsweise?
Eben nicht! Mit Oxacrete Oulesse kann der Baustoff überall hergestellt werden, wo RC-Beton produziert wird. Damit ist die Beton-Alternative ebenso regional verfügbar wie Beton selbst. Und auch im Transport auf die Baustelle, beim Einbringen per Kran oder Pumpe sowie in der Verarbeitung gibt es praktisch keine Unterschiede. Im heutigen Entwicklungsstadium weist unser Kibeco cleancrete Oulesse-Beton noch eine leicht langsamere Festigkeitsentwicklung auf als konventioneller Konstruktionsbeton. Wir gehen aber davon aus, dass wir sie mit geeigneten Zusatzmitteln noch beschleunigen können. Die Endfestigkeit ist dann ähnlich wie bei herkömmlichem Beton. Wir sprechen von einer emissionsarmen Beton-Alternative, die sich weitgehend so handhaben lässt wie Beton.
Die Oulesse-Partner schreiben, dass Sie „mit diesem neuartigen Ansatz (…) bis zu 10 Prozent des Schweizer Betonmarktes bedienen“ können. Ist das zurückhaltend oder mutig?
Es ist ambitioniert. Aber es darf und kann aber auch mehr sein. Denn neben den vielfältigen Einsatzbereichen im Hochbau kann Kibeco cleancrete Oulesse auch im Tiefbau überzeugen, dort als Ersatz beispielsweise für Magerbeton, der für Fundations- und Sauberkeitsschichten verwendet wird. In diesen Bereichen könnte Oulesse-Beton den konventionellen Beton sogar restlos ersetzen.
Mit dem Pavilion Manal wurde diesen Sommer in Horw ein erstes praxisorientiertes Hochbau-Projekt realisiert, bei dem Kibeco cleancrete Oulesse und mit Oxacrete Nossim eine weitere Beton-Alternative zum Einsatz kam, die Kibeco mit Oxara entwickelt. Wie sind die Erfahrungen daraus?
Sehr positiv. Zahlreiche Projektpartner, die unter der Führung von Oxara und der HSLU konstruktiv zusammenarbeiteten, trugen zum Erreichen dieses Meilensteins bei. Wir als Baustoffproduzent haben den Kibeco cleancrete Oulesse für das Pionierprojekt erstmals wie konventionellen Konstruktionsbeton produziert. Wir haben das Bindemittel in den Silos gelagert, haben die Rezeptur auf der Werksteuerung des Betonwerks hinterlegt, den Baustoff schliesslich auf Knopfdruck produziert und per Fahrmischer auf den Bauplatz geliefert. Die Umsetzung erfolgte im Juli bei hohen Temperaturen, der Baustoff zeigte dabei auch eine Stunde nach Produktion noch eine gute Verarbeitbarkeit. Die Erfahrung war äusserst ermutigend.
In der kommunizierten Partnerschaft treffen mit Holcim, Kibag und Oxara Unternehmungen aus unterschiedlichen Gewichtsklassen aufeinander. Wie muss man sich in dieser Konstellation die Hackordnung vorstellen?
Nach aussen mag die Partnerschaft den Anschein erwecken, als wäre sie sehr hierarchisch geprägt. In der effektiven Zusammenarbeit bestätigt sich das aber in keiner Weise. Um den Baustoff und damit die Partnerschaft zu einem nachhaltigen Erfolg zu führen, sind wir voneinander abhängig und profitieren gleichzeitig voneinander. Wir begegnen uns auf Augenhöhe und versuchen, die gemeinsam formulierten Ziele zu erreichen, indem jeder Partner seine individuellen Stärken einbringt. Mit der Entwicklungsplattform Kibeco versuchen wir bewusst, das Silodenken aufzubrechen, das vielerorts noch typisch ist im Baustoffbereich.
Wie erleben Sie diesen Prozess?
Im Kern ist das Bauwesen mit den verbreiteten ARGE sowie der sehr ausgeprägten Arbeitsteilung eine Branche, in der man aus langer Erfahrung weiss, dass es besser gehen kann, wenn verschiedene Partner am gleichen Strick ziehen. Demgegenüber herrschte in der Baustoff-Entwicklung bisher eher das Prinzip Coca-Cola: Jeder Hersteller hütet seine Geheimrezepte, will die besten Betonsorten produzieren und damit gute Absätze erzielen. Mit der Kreislaufwirtschaft und der Dekarbonisierung sind wir allerdings mit veränderten Anforderungen konfrontiert.
Mit welchen?
Gesellschaft und Politik verlangen heute berechtigterweise danach, dass im industriellen Kontext nachhaltigere Lösungen entwickelt werden. Diesem Anspruch können wir nur gerecht werden, indem wir als Baustoff-Produzent und gesamthaft als Branchenzweig unsere Entwicklungsprozesse öffnen, um Inspirationen und Kompetenzen von aussen Zugang zu verschaffen. Bei der Kibag haben wir uns in den vergangenen Jahren stark in diese Richtung entwickelt. Dies in der Absicht, die Baustoff-Industrie zu einer Vorzeige-Industrie in den Bereichen Kreislaufwirtschaft und Dekarbonisierung zu entwickeln. Dabei arbeiten wir gerne mit brancheninternen und -externen Kräften zusammen, die diese Ziele mit uns teilen.
Mit Kibeco hat man bei Kibag die Plattform geschaffen, um Kooperationen mit externen Partnern voranzutreiben. Sie waren von Anfang an mit dabei. Stiess die Öffnung auf interne Widerstände?
Sicher gab es Vorbehalte. Diese betrafen aber weniger den angestrebten Mentalitätswechsel als vielmehr konkrete Baustoff-Entwicklungen, die wir evaluierten. Da gab es halt ab und zu Sprüche zu hören wie: «Das haben wir vor 20 Jahren schon erfolglos probiert und nun wollt ihr damit die Welt retten?» Ich verstehe solche Reflexe. Aber wir leben heute in einem anderen Umfeld mit neuen technischen Möglichkeiten und ebenjener neuen Offenheit für Kollaborationen. Mit den vorhandenen Möglichkeiten sind wir gefordert, ein neues Zeitalter der Baustoffproduktion einzuläuten. Das gelingt uns besser, wenn wir mit geeigneten Partnern zusammenarbeiten. Glücklicherweise hat Kibeco dafür von Anfang an die volle Unterstützung der Kibag-Geschäftsleitung erhalten.
Was gab ursprünglich den Anstoss für das Entwicklungslabel Kibeco?
Den Stein ins Rollen brachten die Anfragen der ETH-Startups Neustark und Oxara, die wir 2019 erhielten. Die Teams stellten uns ihre Entwicklungsideen vor und wir stellten rasch fest, dass es sich um potenzialreiche Innovationsansätze handelt, mit denen wir einen echten Beitrag zur Stärkung der Kreislaufwirtschaft sowie zur Dekarbonisierung der Branche leisten können. Mit der Marke und der Plattform Kibeco schafften wir innerhalb des Kibag-Universums schliesslich den geeigneten Rahmen, um solche aussichtsreiche Zusammenarbeiten voranzutreiben.
Wie muss man sich den Weg beispielsweise der Oulesse-Entwicklung vorstellen, bis aus der Idee ein marktfähiges und skalierbares Produkt wird?
Als Oxara 2019 auf uns zukam, hatte das im Gründungsprozess stehende Jungunternehmen just den Labornachweis erbringen können, dass es möglich ist, einen Lehmbeton als Beton-Alternative für nicht-tragende Bauteile mit den gewünschten Eigenschaften zu produzieren. Den Baustoff entwickeln wir seither unter dem Namen Kibeco cleancrete Nossim weiter. Mit Oxacrete Oulesse kam später eine zweite Beton-Alternative hinzu, die wir gemeinsam vorantreiben. Die Wege von den frühen Laborbestätigungen bis zur praxisfähigen Baustofflösung sind lange und phasenweise durchaus nervaufreibend.
Warum?
Als Baustoff-Produzent ist unser Korsett eng geschnürt. Die geltenden und etablierten Normen machen strikte Qualitätsvorgaben. Das muss so sein, denn letztlich will niemand ein Bauwerk einstürzen sehen, weil in der Baustoffproduktion Fehler gemacht wurden. Aber: Die Baustoffe, die wir mit Oxara entwickeln, werden von den bestehenden Normen nicht gestützt. Wir orientieren uns im Entwicklungsprozess dennoch daran und nutzen die normativen Vorgaben als Benchmark. Die entsprechenden Erstprüfungen setzten viele Vorversuche voraus, die allesamt erfüllt werden mussten und die wir in unseren eigenen Labors durchführten. Wir sprechen von Tests, deren Resultate teils bis zu 90 Tage auf sich warten lassen. Erfüllen die langersehnten Resultate dann die Anforderungen nicht, kann das im schlimmsten Fall heissen: Zurück auf Feld 1. Das ist bei der Entwicklung von Kibeco cleancrete Nossim sowie Kibeco cleancrete Oulesse glücklicherweise nicht eingetreten. Trotzdem gab es Rückschläge und es waren Geduld, Erfahrung und Commitment nötig, bis wir schliesslich den Schritt vom Labor auf die konventionelle Betonanlage und zu den ersten Praxisanwendungen machen konnten.
Wie lange dauert ein solcher Entwicklungsprozess?
Erfahrungsgemäss sprechen wir von einem Innovationszyklus von drei bis fünf Jahren. Dies vom Zeitpunkt der ersten Vorversuche bis zum marktfähigen Produkt. Das ist die Erfahrung, die wir mit den zementfreien Alternativ-Baustoffen machen, bei deren Entwicklung wir uns zwar am geltenden Normenwerk orientieren, uns aber nicht darauf abstützen können. Demgegenüber lief der Entwicklungsprozess des Kibeco-Betons deutlich schneller ab, den wir mit der Neustark AG vorantrieben. Dies, weil der Karbonatisierungsprozess die Eigenschaften des RC-Betons nicht im Grundsatz verändert, sondern sogar verbessert. Das Normenwerk blieb in jener Entwicklung voll anwendbar.
Unter dem Kibeco -Markendach arbeiten Sie mit mehreren Jungunternehmungen zusammen. Wie entscheiden Sie, welche Zusammenarbeiten für Kibag interessant sind?
Bei frühen Kontakten ist sicher entscheidend, dass das Kernteam eines Startups mit seiner Philosophie und seinen Werthaltungen zur etablierten Kultur sowie Vision der Kibag passen. Die Produkte, die aus einer potenziellen Zusammenarbeit hervorgehen könnten, müssen sich in unsere Wertschöpfung integrieren lassen. Produktionsseitig müssen unsere bestehenden Anlagen sowie anfallendes RC- oder sogar bisheriges Deponie-Material genutzt werden können. Kurz: Die Jungunternehmungen müssen sich in Bereichen betätigen, in denen wir unsere Kernkompetenzen haben.
Neben Oxara ist die Neustark AG ein weiteres Startup, mit dem Kibeco zusammenspannt. Und dies sehr erfolgreich: Die Neustark-Anlagen, mit denen aus der Atmosphäre abgeschiedenes CO2 in RC-Betongranulat gespeichert wird, schiessen bei Baustoffproduzenten landauf landab aus dem Boden. Blöd gefragt: Was bringt es der Kibag, wenn eine Entwicklung, die Sie mittragen, womöglich zum Branchenstandard wird, mit der auch Ihre Mitbewerber produzieren?
Wenn mit CO2 angereicherter RC-Beton zum Branchenstandard wird, ist das genau das, was wir wollen! Wir engagieren uns mit Kibeco dafür, Entwicklungen vorwärtszutreiben, die in der Branche an die Hand genommen werden müssen. Der gesellschaftliche und politische Druck auf die Bau- und Baustoffindustrie ist beträchtlich. Wir müssen zeigen, dass wir Lösungen entwickeln können. Das ist die Verantwortung, die wir mit Kibeco prioritär wahrnehmen.
Und doch werden Sie als Entwicklungspartner ein Stücklein näher am neusten Wissen dran sein und dies als unternehmerischer Vorteil nutzen können.
Das hoffe und damit rechne ich, zumal wir mit Neustark intensiv an der Speichertechnologie weiterarbeiten. Gegenwärtig können damit im Branchenschnitt zwischen 10 und 12 kg CO2 pro Kubikmeter RC-Betongranulat gespeichert werden. Wir verfolgen das Ziel, mit rund 20 kg CO2 pro Kubikmeter Beton eine Verdoppelung der Speicherkapazität zu erreichen. Zudem evaluieren wir die Möglichkeit, auch CO2 in die Beton-Alternativen zu speichern, die wir mit Oxara entwickeln. Da tun sich spannende Synergien auf.
Neustark hat innert kurzer Zeit grosse Bekanntheit erlangt. Haben Sie als Entwicklungspartner von Anfang an damit gerechnet?
Uns war früh klar, dass Neustark mit ihrer Idee einen sinnvollen und potenzialreichen Punkt aufgreift. Die Dimensionen, in welche das Startup innert kürzester Zeit vorstossen würde, hätten wir uns aber nicht ausmalen können. Und wohlgemerkt: Neustark ist nach wie vor ein Startup und steht in seiner unternehmerischen Frühphase. Die Entwicklung ist atemberaubend, setzt das Startup sowie deren Partner aber auch unter Druck.
Wie meinen Sie das?
Positive Entwicklungen und mediale Präsenz erzeugen Erwartungen, die man erfüllen können muss. Aber geschürte Erwartungen und gewecktes Interesse können gleichermassen der Treibstoff sein, der ein Vorhaben zum Abheben bringt. Durch die globale Relevanz der Dekarbonisierung geschieht dies in Grössenordnungen, an die wir uns in unserer Branche erst noch gewöhnen müssen.
Die Jungunternehmungen, mit denen Kibeco bislang zusammenarbeitet, sind allesamt der ETH Zürich entsprungen. Warum?
Als Unternehmung mit Hauptsitz in Zürich pflegen wir einen sehr guten Draht zur ETH Zürich. Dies auf verschiedenen Ebenen. Einerseits auf Ebene der Startups sowie vom Bund geförderten Innosuisse-Projekten, die wir beispielsweise mit der Entwicklung von Kibeco cleancrete Nossim vorantreiben können. Andererseits wächst an der ETH Zürich – sowie an weiteren Schweizer Hoch- und Fachhochschulen – die nächste Generation von Planern und Ingenieuren heran. Da ist es uns ein Anliegen, mit unseren innovativen Produkten präsent zu sein. Wir pflegen aber auch enge Kontakte zu Hochschulen im angrenzenden Ausland, etwa dem KIT in Karlsruhe oder der TU Dresden. Zusammenarbeiten mit ausländischen Startups sind leider noch nicht entstanden.
Sind potenzialreiche Startups umkämpft?
Sehr sogar. Es sind aber nicht die Wirtschaftspartner, die um sie buhlen, sondern die Venture-Capital-Investoren. Um die erhoffte Dekarbonisierung der Weltwirtschaft entsteht ein heisser Markt, in dem viele darauf aus sind, die richtige Produktidee zu haben oder in die richtige Produktidee zu investieren. Exemplarisch hat man das bei der Neustark AG gesehen. In ihrer jüngsten Finanzierungsrunde hat das Unternehmen dieses Jahr 70 Millionen Franken neues Kapital anziehen können. Eine solche Finanzierungsrunde wäre vor zwei Jahren schlicht undenkbar gewesen.
Die Dekarbonisierung ist zwar ein globales Thema, wird aber nicht überall mit der gleichen Ausrichtung verfolgt.
Richtig. Während in Amerika, Afrika und Asien der Blick eher an Effizienz- und Produktivitätssteigerungen haftet, liegt das Augenmerk in Europa stärker auf der Senkung von Emissionen. Hüben wie drüben ist jedoch viel Investitionskapital verfügbar, weil alternative Investitionsmöglichkeiten derzeit eher unattraktiv sind. Wir lassen uns von den gewaltigen Dimensionen dieser globalen Bewegungen nicht irritieren, sondern konzentrieren auf das, was wir als Schweizer Traditionsunternehmung ganz praktisch leisten können: Gemeinsam mit Startups Baustoff-technologien zur Marktfähigkeit zu entwickeln und dabei konsequent unserem Geschäftsfeld und unseren regionalen Märkten treu zu bleiben.
Was treibt Sie persönlich an?
Der Beton selbst! Es ist doch schlicht verblüffend, welche vielfältigen technischen und ästhetischen Möglichkeiten dieser regional produzierbare Baustoff bietet! Meine berufliche Herausforderung als Leiter bei Kibeco ist es nun, diesen faszinierenden Baustoff in ein neues Zeitalter zu führen. Dies, indem wir vorhandene Produkte innovativ modifizieren. Und indem wir Beton-Alternativen entwickeln für Bau-Situationen, in denen nicht die vollen Beton-Festigkeiten gefragt sind. Beton wird seit Jahrtausenden verbaut. Ich arbeite mit, dass er weiterhin mit Überzeugung verbaut werden kann – wo es ihn braucht.