Vor fünf Jahren sind Avireal, Bauengineering, Swissbuilding sowie das Immobilienunternehmen Winsto zur Priora verschmolzen. Unter der Regie von VRP und CEO Hans-Peter Domanig hat sich die Gruppe seither neu aufgestellt. Ein Gespräch zum Jubiläum. Und natürlich zu Vals. („intelligent bauen“ Nr.03/2016)
«intelligent bauen»: Am 1. Februar 2011 wurde die Priora gegründet. Wie blicken Sie heute darauf zurück?
Hans-Peter Domanig: Sehr positiv. Priora ist damals aus verschiedenen Firmen entstanden. Das Resultat bis heute zeigt, dass es richtig war, diese Firmen und diese Kompetenzen zu bündeln und unter eine Führung zu stellen.
Was hat Sie erstaunt?
Ich fand schon erstaunlich, wie rasch diese Priora im Markt Fuss fassen konnte. Wie rasch sich ihr Name etabliert hat und wie schnell wir das Vertrauen von Kunden über all unsere Tätigkeiten hinweg gewinnen konnten. Wir sind in einem People Business tätig. Entsprechend gebührt der Erfolg dem ganzen Team.
Welche Meilensteine haben die ersten fünf Jahre geprägt?
Ich würde den Aufbau grob in drei Phasen unterteilen. In einer ersten Phase haben wir mit der ehemaligen Avireal, der bauingeneering- Gruppe sowie der Winsto-Gruppe drei ganz unterschiedliche Charaktere zusammengeführt und zu überblicken versucht, welche Anpassungen wo nötig sind. In einer zweiten Phase beschäftigten wir uns mit der Frage, in welcher Form und wohin wir uns in Zukunft weiterentwickeln wollen. Entsprechend bildeten wir in einem kontinuierlichen Prozess aus Einzelteilen die heute schlanke und zukunftsfähige Gruppe. Wir stellten in dieser Phase die Weichen für die Zukunft und formulierten mit dem Kostenprogramm «Fit for Future» weitere Optimierungsschritte, die wir jetzt in der laufenden dritten Phase konsequent umsetzen.
Ich würde empfehlen, das Vorhaben mit etwas mehr Ernsthaftigkeit zu betrachten, als es der süffisante Ton in Ihrer Frage erkennen lässt.
Was bedeutete die Neuaufstellung für das Personal?
In den ursprünglichen Firmen herrschten ganz unterschiedliche Kulturen vor. Teilweise war es nicht leicht, diese Teams in eine neue und stark marktorientierte Kultur zu integrieren. Insgesamt war und ist uns jedoch permanent wichtig, eine zukunftsorientierte Personalpolitik zu gestalten, in der es darum geht, gute Mitarbeitende zu halten und ihnen Chancen zum Weiterkommen zu eröffnen.
Der bisherige Aufbau der Priora fiel aus heutiger Sicht in die vorläufige Schlussphase einer 10-jährigen Hochkonjunktur. War das Glück oder Pech?
Für uns war es eher ein Vorteil. Wir haben im Verwaltungsrat bereits in einer frühen Phase erkannt, dass sich der Markt nach zehn Jahren Hochkonjunktur in verschiedenen Bereichen verändern wird. Entsprechend konnten wir erwartete Entwicklungen direkt in unserer Aufbauarbeit berücksichtigen.
Angetreten ist Priora im Jahr 2011 mit der Vision, langjährige Life-Cycle- Contracts abschliessen zu können, die einem Bauherrn Kosten und Renditen über den Lebenszyklus seiner Immobilie garantiert hätte. Wie viel ist heute von dieser Vision bei Priora noch vorhanden?
Diese Vision ist auf Eis gelegt. Wir haben den Ansatz intensiv geprüft, sind dann aber zum Schluss gekommen, dass es noch nicht geht. Noch sind zu viele Faktoren nur schwer berechenbar, die im Verlaufe eines Lebenszyklus‘ einer Immobilie relevant werden. Dass es irgendwann gehen wird, davon bin ich weiterhin überzeugt.
Dennoch: Das Unternehmen ist entlang der ganzen Wertschöpfungskette von Entwicklung bis Betrieb aufgestellt. Inwiefern können Sie den Life-Cycle- Ansatz auch ohne die erhofften Verträge einbringen?
Intern denken wir sicher in Lebenszyklen, das zeigt sich vor allem bei Eigenentwicklungen. Daneben wird es von der Kundschaft sehr geschätzt, wenn wir beispielsweise an einer GU-Ausschreibung teilnehmen und dabei in Zusammenarbeit mit der hauseigenen FM Optimierungen einbringen können, die so gar nicht verlangt waren. Daraus haben sich schon Vorteile in der Vergabe des GU-Auftrages aber auch einige FM-Mandate ergeben.
Wie schlagen sich Ihre Dienstleister heute im Markt?
Sehr erfreulich. Wir verfolgen mit unseren Dienstleistern allerdings nicht die Strategie, maximal zu wachsen. Wir wollen nicht die grösste GU, das grösste FM oder das grösste Immobilienportfolio etablieren. Für uns geht EBIT vor Umsatz. Für uns ist entscheidend, dass Risiken und Chancen in all unseren Aktivitäten in einem gesunden Verhältnis stehen. Zu diesem Zweck haben wir unseren Risikoausschuss auf höchster Ebene im Verwaltungsrat angesiedelt, wo wir in einem klar strukturierten Go/No-Go-Prozess über unsere Engagements entscheiden. Die Konsequenz ist: Wir schauen uns vieles an, wir prüfen vieles und wir sagen vieles ab.
Ihr Optimierungsprogramm legte offenbar einen Fokus auf die GU. Wie viel Luft war dort drin?
Wir optimieren laufend intensiv. Das fängt beim Büromaterial an, geht bei der richtigen Zuteilung der Leute unserer regionalen Standorte weiter und hört auf dem Bauplatz nicht auf. Dort überlegen wir momentan intensiv, wie wir verstärkt digitale Mobilgeräte zur Vernetzung und Kommunikation einsetzen können und wie wir die entsprechenden Arbeitsprozesse optimieren und flexibler gestalten können. Ein Beispiel: Ist ein Bauleiter mehrere Wochen im Büro auf dem Bauplatz gefragt, ist es im Prinzip ineffizient, wenn am Hauptsitz sein vollwertiger Arbeitsplatz über Wochen leer steht. Solche Fragen sind komplex. Aber es steckt enormes Potenzial darin.
Effizienz ist auch im FM gefragt, wo man sich über niedrige Preise und Margen beklagt. Wie beurteilen Sie den Markt?
Er ist hart umkämpft und massiv in Bewegung. Wir konzentrieren uns eher auf Nischenbereiche, verfügen über gute Verträge an den Flughäfen Genf und Zürich. Eine starke Entwicklung vollziehen wir derzeit mit unserer FM-Tochtergesellschaft in Dubai, wo wir wertvolle Erfahrungen sammeln können, beispielsweise mit neuen digitalen Lösungen für die Bestellung und Abwicklung von Dienstleistungen.
Sie schreiben in einer Mitteilung von «voller Auftragspipeline». Wie voll ist sie?
Sie ist so voll, dass sicher das laufende Jahr weitgehend abgedeckt ist. Die Akquise läuft, wie in jedem anderen Unternehmen auch, für das laufende Jahr sowie die kommenden Jahre permanent weiter. In unserem Auftragsmix kommen durch die unterschiedlichen Tätigkeiten ganz unterschiedliche Vertragslaufzeiten zusammen. Im Immobilienbereich haben wir bei Geschäftsliegenschaften langjährige Mietverträge. Im FM sind es Verträge, die zwischen ein und drei Jahren laufen. Bei der GU ist es je nach Projekt unterschiedlich. Im Mix können wir deshalb unseren Auftragsbedarf auf mittlere Frist relativ gut antizipieren.
Sprechen wir über Vals. Können Sie von der 380 Meter hohen «Femme de Vals» erzählen, ohne zu schmunzeln?
Ich würde empfehlen, das Vorhaben mit etwas mehr Ernsthaftigkeit zu betrachten, als es der süffisante Ton in Ihrer Frage erkennen lässt. Wir haben in diese Vision viel Engagement und Geld investiert. Und acht international anerkannte Büros haben in einem Wettbewerb sehr gute Projekte eingereicht. Darunter der Pritzker-Preisträger Thom Mayne mit seinem Siegerentwurf «Femme de Vals».
Das Vorhaben wird fast reihum als Marketing-Gag oder als Grössenwahnsinn betrachtet.
Das liegt in erster Linie an der Höhe des Turms. Diese hat aber nichts mit Überheblichkeit zu tun, sondern ist logisch begründbar.
Wie?
In einer frühen Phase sahen die Projekte auch Suiten vor, die hangseitig, also mit schlechterer Aussicht, ausgerichtet waren. Daraufhin haben wir uns Gedanken gemacht und daraus den Anspruch abgeleitet, dass möglichst viele Suiten so ausgerichtet werden sollen, dass sie Aussicht über das Dorf und die einzigartige Umgebung gewähren. Aus der Diskussion heraus, im Idealfall nur Technik und Erschliessung hangseitig anzulegen und die Suiten konsequent dem Tal zuzuwenden, kam Mayne zur Überzeugung, dass die Entwicklung deutlich in die Höhe gehen muss. Das Ergebnis ist sein nadelartiger Entwurf, von dem wir glauben, dass er in Kombination mit der Therme und dem 7132 Hotel dem Tourismus im Ort einen Impuls versetzen kann.
Welchen?
Der Vision in Vals liegt der Befund zugrunde, dass man heute im Schweizer Tourismus schon etwas Ausserordentliches bieten muss, um neue ausländische und natürlich auch inländische Gäste anzuziehen. Anders als andere Touristenattraktionen läge unsere Attraktion nun nicht in einer Metropole, sondern weit abseits in den Bergen. Das bringt Erschwernisse mit sich, birgt aber auch Chancen, die man erkennen oder belächeln kann. Wir haben uns mit dem Projekt in allen Facetten eingehend auseinandergesetzt und meinen heute, dass es ein Erfolg werden könnte.
Ärgert es Sie, dass man Ihnen weit herum nicht glaubt, dass Sie es mit dem Projekt ernst meinen?
Jeder ist frei, seine eigene Meinung zu bilden. Ich versichere Ihnen, dass es sich dabei nicht um einen Marketing-Gag handelt. Wir gehen hier unseren Weg. Das haben wir als Priora von Anfang an getan.
Wie gross ist das Risiko Vals für Priora?
Es ist bisher kein Risiko im eigentlichen Sinn. Wir bezahlen unsere Aktivitäten in und für Vals cash aus dem Unternehmen heraus. Das Risiko, das sich ergibt, wenn wir den Turm bauen, bewerten wir, wenn es soweit ist. Zunächst wird ja auch noch die Valser Bevölkerung über das Vorhaben befinden können.
Auch in Kloten wollen Sie höher hinaus. Liegt die Bewilligung für die Aufstockung des Balsberg-Gebäudes mittlerweile vor?
Noch nicht. Wir erwarten, dass sie bis im April vorliegt. Wir haben jetzt im März die Freigabe gemacht für Ausführungsplanung und erste Vergaben.
Ist die Aufstockung als erster Schritt Ihres «First District»-Projekts zu verstehen, mit dem Sie ihre beträchtlichen Landreserven am Flughafen ausnützen könnten?
Im Prinzip ja. Es ist das Teilprojekt, das wir losgelöst beispielsweise von hochkomplexen und noch ungeklärten Infrastrukturfragen im Gebiet realisieren können. Insgesamt haben wir die Masterplanung von «First District» sukzessive weitergeführt, ungefähr vor Jahresfrist aufgrund der aktuellen Marktentwicklungen aber beschlossen, den Fuss etwas vom Gas zu nehmen. Wir sind in der privilegierten Situation, mit dem «First District» warten zu können, bis unserer Einschätzung nach die Rahmenbedingungen für das Projekt oder Teile davon günstiger sind.
Sie kommen immerhin zum Schluss, dass jetzt ein günstiger Zeitpunkt ist, um im Balsberg-Gebäude neue Büroflächen aufzustocken. Das ist erstaunlich.
Man muss schon sehen: Der Balsberg ist ein enorm attraktives Gebäude. Gemessen an der heutigen Nachfrage ist es fast zu klein. Deshalb sind wir überzeugt, dass wir auch einen aufgestockten Balsberg erfolgreich vermarkten können. Wir rechnen heute damit, dass wir im 2017 mit den Arbeiten beginnen können. Bis zur Fertigstellung wird sich die Situation um den Balsberg herum hoffentlich soweit weiter entwickelt haben, dass wir überlegen können, welchen nächsten Schritt wir gehen wollen.
Was wollen Sie beim 10-Jahr-Jubiläum über die Entwicklung bei Priora sagen können?
Am liebsten dasselbe wie heute. Dass ich stolz bin, wie sich die Firma entwickelt und wie sie sich mit ihrem Namen, ihren Dienstleistungen und ihrem Team im Markt etabliert hat und eine sehr gute Reputation geniest.