Facility Management hat in den letzten Jahren deutlich an Beachtung gewonnen. Peter Staub, Mitgründer und Mitinhaber des FM-Beratungsunternehmens pom+Consulting AG, hat die Entwicklung hautnah miterlebt. (intelligent bauen Nr. 10/2014)
«intelligent bauen»: FM ist seit ein paar Jahren in aller Munde. Ihr Unternehmen ist vor bald 20 Jahren als ETH-Spin-off entstanden. Wie sind Sie damals mit FM in Kontakt gekommen?
Peter Staub: Nach meinem BauingenieurStudium an der ETH Zürich arbeitete ich ein paar Jahre in der Praxis, im IT-Bereich des Immobilienwesens. Ich interessierte mich für eine entsprechende Weiterbildung und bekam die Gelegenheit, an einem Forschungsprojekt der ETH mitzuarbeiten. Dabei ging es um integrierte Planung und Kommunikation im Bauprozess. Innerhalb dieses Projekts kümmerte ich mich um die Betriebs- und Nutzungsphase von Objekten. Ich begann, Prozesse sowie die dazu erforderlichen Daten zu strukturieren. Das war mein Einstieg ins FM.
Sie schrieben bis 1996 Ihre Dissertation, im gleichen Jahr wurde pom als ETH-Spinoff operativ tätig. Weshalb war für Sie klar, dass die Bedeutung von FM zunehmen würde?
Es war zu diesem Zeitpunkt offensichtlich, dass für den gesamten Bereich der Bewirtschaftungs-, Betriebs- und Nutzungsphase relativ wenig Informationen und Daten vorhanden waren. Gleichzeitig machte sich während des ETH-Projekts ein grosses Interesse und ein grosser Bedarf nach solchen Daten bemerkbar. Gemeinsam mit den technologischen Treibern – neue Software, das Internet – lag es auf der Hand, dass sich der Bereich stark entwickeln würde.
Die Entwicklung fand dann tatsächlich statt. Wie beurteilen Sie diese aus Sicht des Beraters?
Es war für uns eine Herausforderung, als kleiner neuer Player in diesen Markt hineinzukommen. Im Immobilienbereich fokussierte man damals klar auf Bau-Investitionen und die Bauphase. FM wurde häufig als Nebensache abgetan. Zum Teil ist das heute noch so. Mehrheitlich ist jedoch die Erkenntnis gereift, dass Betrieb und Bewirtschaftung die grossen Kostenblöcke darstellen. Weitsichtige Investoren wissen, dass sich eine Performancesteigerung nicht nur durch Ertragssteigerung, sondern auch durch Kostensenkung und Optimierung erzielen lässt.
Welches sind heute die Standbeine Ihres Unternehmens?
Alles, was wir machen, hat mit Gebäuden oder Infrastrukturen zu tun. Wir decken drei Segmente ab: Immobilienberatung, Infrastrukturberatung und Organisationsberatung. Bei Beratungen zu konkreten Objekten oder Infrastrukturen stehen technische und prozessuale Beratungen im Vordergrund. Bei Beratungen von Organisationen, die mit Immobilien oder Infrastrukturen zu tun haben, geht es eher in Richtung Strategieberatung. Eine wichtige Stütze für uns sind die Bauherrenberatungen und -vertretungen. Da wollen wir uns durch die konsequente Integration von planungs- und baubegleitendem FM differenzieren.
Wie sind die Bereiche gewichtet?
Immobilien- und Organisationsberatung machen je rund 40 Prozent aus. Infrastrukturberatung rund 20 Prozent. In dem Bereich leisten wir Aufbauarbeit. Denn was Managementaspekte angeht, gibt es da viel Nachholbedarf.
Das betrifft die öffentliche Hand. Welche Rückmeldungen bekommen Sie?
Es ist nicht ganz einfach, hier Türen aufzustossen. Aber wir sind motiviert, uns als wertvoller Ansprechpartner zu positionieren. Grundlage dafür ist ein Forschungsprojekt an der ETH Zürich, in welchem wir aktuell Benchmarks und Kennzahlen für den Infrastrukturbereich aufbauen. Es soll eine Art fm monitor für den Infrastrukturbereich entstehen.
Im Infrastrukturbereich – etwa beim Wasser – sind die Strukturen sehr kleinräumig organisiert. Gibt es da die Bereitschaft zu regionaler Zusammenarbeit?
Durch beispielsweise Gemeindefusionen entstehen immer wieder solche Möglichkeiten. Bleiben die politischen Strukturen jedoch auf dem heutigen Stand, dürften es solche Vorhaben tatsächlich schwer haben.
Ihre Dienstleistungen richten sich an Besitzer, Verwalter, Bewirtschafter, Ersteller und Unterhalter. Wo ist am ehesten noch Professionalisierung nötig?
Grosses Potenzial sehe ich in der Bewirtschafter-Szene. Klassische Verwaltungsunternehmen mit ihren Hauswartleistungen haben sicher noch Möglichkeiten zur Optimierung. Hingegen hat sich in der FM-Branche – allen voran die grösseren Unternehmen – in den letzten Jahren sehr viel bewegt.
Erleben wir den Untergang des herkömmlichen Hauswarts?
Nicht unbedingt. Das Modell des Allrounders, der sich um die Liegenschaften kümmert, ist noch verbreitet, hat sich aber verändert. Die Tätigkeit wurde professionalisiert. Das nebenamtliche Hauswarts-Ehepaar, das zu einem reduzierten Mietzins im Erdgeschoss des Wohnblocks wohnt und von dort aus das Haus in Schuss hält, ist als Modell aber nicht mehr zukunftsfähig.
In den letzten Jahren wurde viel über FM gesprochen. Es ist viel Wissen entstanden. Inwiefern ist dieses Wissen in der Praxis angekommen?
Die Professionalisierung ist – zumindest in den wichtigen Unternehmen – sicher vorangeschritten. Auch die Akzeptanz von FM als eigenständige Branche ist gestiegen. Würde man die Branche und die einzelnen Unternehmen allerdings vertieft analysieren, käme sicher noch viel Potenzial zum Vorschein. Deshalb muss die Entwicklung weitergehen.
Sehen Sie Anzeichen, dass auch mittlere und kleinere Player professioneller auftreten?
Ja. Wir können beispielsweise zunehmend auch Beratungsmandate von KMUs im Bereich der FM-Anbieter übernehmen. Sie wollen sich verstärkt mit dem Thema auseinandersetzen, um mit den grösseren Mitbewerwerbern Schritt zu halten.
Wo liegen die Gründe, dass die Theorie noch nicht stärker in die Praxis gefunden hat?
Viele Unternehmen sind in den herkömmlichen Strukturen gewachsen. Es sind viele Quereinsteiger in der Branche tätig. Da fehlt vielleicht zum Teil die Offenheit für Neues, zum Teil auch die Kompetenz, um Erneuerungsprozesse einzuleiten und durchzuführen. In der Breite sehen wir nach wie vor Kompetenzlücken.
Eine Frage der Aus- und Weiterbildung. Inwiefern fördern die Hochschulen die Integration von FM?
Primär zu erwähnen ist diesbezüglich das Institut für Facility Management in Wädenswil, wo mit Bachelor- und Masterlehrgängen die künftigen FM-Leute aus- und weitergebildet werden. An der ETH gibt es wohl Einzelne, die sich auch mit FM auseinandersetzen. Bestrebungen, dass sich die Architekten stärker mit FM befassen, sehe ich an der ETH allerdings nicht.
Im jüngsten fm monitor skizzieren Sie einen Trend zur Kostensenkung. Die erbrachten Leistungen werden professioneller, die Preis laufend niedriger. Geht das immer weiter?
Nein. Die Zitrone ist zwar nicht ausgepresst, aber wir sind auf einem Preisniveau angelangt, auf dem die grossen Reduktionen nicht mehr zu erwarten sind. Das gilt zumindest für jene Unternehmen, welche die Entwicklung der letzten Jahre mitgemacht haben.
Die Tendenz erinnert an das Bauhauptgewerbe. Zu viele Anbieter drücken die Preise ins Bodenlose. Droht der FM-Branche das gleiche Schicksal?
Das glaube ich nicht. In den letzten Jahren hat man da und dort schlechte Erfahrungen mit Mandaten gemacht, die zu Dumpingpreisen vergeben wurden. Ich glaube, sowohl Nachfrager als auch Anbieter ziehen ihre Lehren daraus.
Offenbar von allen Seiten kritisiert wird die Datenverfügbarkeit. Sie haben sich bereits vor 20 Jahren mit Daten und Datentransfer beschäftigt. Weshalb klappt das noch immer nicht?
(lacht) Tatsächlich könnte man einige Konzepte, die wir in den 1990er-Jahren an der ETH erstellt haben, noch heute einsetzen. Es gibt organisatorische und technische Hemmnisse. Von der Planungs- über die Erstellungs- bis zur Betriebsphase sind immer wieder andere Stellen und Unternehmen für ein Objekt zuständig. Der Datentransfer zwischen diesen Stellen ist bis heute mangelhaft. Bisweilen auch weil das Interesse einzelner Zuständiger gering ist, über die Phase der eigenen Zuständigkeit hinaus zu denken. Aber auch, weil es an Systemen mangelt, die es ermöglichen würden, alle relevanten Daten sinnvoll zu integrieren. Hier ist noch Entwicklungs- und Marktpotenzial.
Wenn man Ihre Trendanalyse liest, bekommt man das Gefühl: Als FM-Unternehmen kann man durchaus eine rosige Zukunft haben.
Ich sehe tatsächlich schöne Potenziale, die unternehmerisch genutzt werden können. Die Branche lebt von einem Gebäudebestand, der gemäss der jüngsten Studie in der Schweiz einen Wert von 2500 Milliarden Franken hat. Jährlich werden rund 2 Prozent davon gebaut oder saniert. Das sagt alles über das Potenzial aus.
Ihr eigenes Unternehmen wächst stetig. Anfang Jahr haben Sie die Geschäftsleitung verbreitert. Vor ein paar Jahren ist eine internationale Abteilung in Deutschland hinzugekommen. Ist die FM-Entwicklung dort dieselbe?
Unsere Firma in Deutschland ist nicht primär im FM-Bereich tätig, sondern unterstützt in erster Linie Property- und Asset-Management-Unternehmen. Der Fokus liegt also bei den Investoren und dort speziell auch auf Beratung im Bereich IT. Betrachtet man die Entwicklung des FM-Markts, ist diese in Deutschland nicht weiter fortgeschritten als in der Schweiz. Natürlich bei grösseren Volumen.
Sie haben vor Jahren angegeben, rund 20 Prozent des Umsatzes in F & E zu investieren. Gilt das noch?
Das können wir uns heute nicht mehr leisten. Der Umsatz ist seither deutlich gestiegen. Aber auch die Kosten. Heute sind es rund 10 Prozent, die wir in F & E investieren. Innovation ist für uns zentral geblieben.
Was steht denn an?
Wie erwähnt, führen wir derzeit mit der ETH Zürich ein Projekt zum Infrastrukturmanagement durch. Daneben läuft ein anderer KTIAntrag, der mehr in Richtung IT geht und sich mit der Frage beschäftigt, wie wir Monitordaten noch besser zur Verfügung stellen können.
Welches Ziel verfolgen Sie?
Das grosse Vorbild ist Wüest & Partner. Das Büro macht einen relevanten Umsatzanteil mit dem Verkauf von Daten. Davon sind wir noch weit entfernt. Das wollen wir ändern. Erklärte Absicht ist es, die Führerschaft über das Thema Kosten mit all seinen Facetten einzunehmen.