Zwei Unternehmen, ein Ziel: Solide Entwicklung. Pierre Dubuis, Inhaber und Geschäftsführer der Sobatech SA sowie der PAL Solutions AG im Gespräch mit seinen Mitstreitern über die Chancen gegen grosse Mitbewerber, die Deutschschweizer und über seine Ziele. (die baustellen Nr. 10/2014)
Ortstermin in Avanches. In einer langgezogenen Industriehalle befindet sich das gemeinsame Materiallager der Sobatech SA und der PAL Solutions AG. Pierre Dubuis und dessen Frau Cory, gemeinsam Inhaber der Betriebe, marschieren durch die Halle und schütteln da und dort Hände. In einem Container mit kleiner Büroecke, Kaffeemaschine und Mikrowelle setzt man sich zum Gespräch auf Festbänke. Mit dabei sind Eric Reichenbach, der Sobatech in der Deutschschweiz voranbringen soll, und Thomas Graf, Projektleiter der PAL Solutions AG. Die Stimmung ist familiär. Es wird mal deutsch, mal französisch, mal englisch gesprochen. Und viel gelacht.
«die baustellen»: Wir sitzen hier quasi im Röstigraben. Wie erleben Sie das Verhältnis der Romands und der Deutschschweizer?
Pierre Dubuis: Als unproblematisch. Die Mehrsprachigkeit ist eine Stärke der Schweiz. Ich hatte während meiner Schulzeit leider nur während zwei Jahren Deutsch. Ich begrüsse es, wird heute in der Romandie intensiver Deutsch unterrichtet. Ich könnte heute ein noch besseres Leben haben, hätte ich früher besser Deutsch gelernt.
Wie beurteilen das die beiden Herren aus der Deutschschweiz?
Eric Reichenbach: Genau gleich. Wir sind privilegiert, dass in der Schweiz so viele Kulturen eng beieinander existieren können. Bevor ich vor zwei Jahren zum Unternehmen stiess, hatte ich wenig mit der Romandie zu tun. Obwohl ich hauptsächlich in der Deutschschweiz tätig bin, kann ich sagen: Ich bin sehr gut aufgenommen worden in der Romandie, im Unternehmen und im Konzern mit Sitz im Elsass.
Thomas Graf: Tatsächlich arbeiten wir sehr gut über den Röstigraben hinweg. Und das, obwohl ich nur mässig französisch spreche. Die Sprache wurde während meiner Schulzeit sehr theoretisch vermittelt. Grammatik war wichtiger als Konversation. Wenn es um berufliche Gespräche geht, klappt die Verständigung allerdings recht gut.
Sie vertreten in diesem Gespräch zwei Unternehmen, die Sobatech SA, welche Stahlschalungen verkauft und vermietet, sowie die ältere PAL Solutions AG, die Traggerüste anbietet. In welchem Verhältnis stehen diese Firmen?
Dubuis: Beide gehören meiner Frau und mir. Ich war 25 Jahre in der Gerüstbaubranche in verschiedenen Unternehmen tätig. Als erster Romand bei Roth Gerüste AG leitete ich in Neuenburg ihre erste Niederlassung im Welschland. Beim Bau des Stadions Maladière hatte ich zum ersten Mal mit PAL zu tun. Später fragte mich deren Besitzer, der bereits im fortgeschrittenen Alter war, ob ich PAL übernehmen wolle. 2006 übernahm ich mit meiner Frau das Unternehmen.
Welches waren die ersten Schritte?
Dubuis: Schon bei der Übernahme war mir klar, dass die Romandie zu klein ist, um mit einem so spezialisierten Unternehmen erfolgreich zu sein. Also begannen wir umgehend, in der Deutschschweiz grosse Projekte zu akquirieren.
Wie kamen Sobatech mit den Hussor- Stahlschalungen dazu?
Dubuis: Als wir PAL übernahmen, gehörte Hussor dem Neuenburger Bauunternehmen Bernasconi. Ich kannte die Firma aus häufigen Zusammenarbeiten. Irgendwann kam die Anfrage, ob wir die Vermietung ihrer Schalungsprodukte übernehmen würden. Wir überlegten, machten Abklärungen und beschlossen im Jahr 2008, es mit 300 Quadratmeter zu versuchen. Um PAL mit dem Versuch nicht zu gefährden, entschieden wir, für den Schalungsbereich eine separate Firma, die Sobatech SA, zu gründen.
Sobatech hat sich in der Westschweiz deutlich schneller etabliert. Weshalb?
Dubuis: Das liegt am Produkt. Die Schalungen waren in der Romandie schon seit 25 Jahren bekannt. Die Stahlschalungen entsprechen klar einer französischen Philosophie. Entsprechend ist die Romandie auch mit Stahlschalungen abgedeckt. In der Deutschschweiz ist die Situation eine andere. Die Unternehmen arbeiten traditionell mit Firmen zusammen, die hauptsächlich Holzschalungen offerieren. Mittlerweile konnten wir das zum Teil ändern.
Operieren PAL und Sobatech im Tagesgeschäft völlig selbständig oder bieten Sie in der Regel Lösungen aus beiden Bereichen aus einer Hand an?
Dubuis: In der Westschweiz bewegen wir uns häufig im gleichen Kundenkreis. In der Deutschschweiz entwickelt sich das erst. Wir spüren jetzt, dass in der Deutschschweiz zunehmend Kunden zu Sobatech kommen, die wir bereits von PAL kennen.
Reichenbach: Der Effekt spielt aber auch umgekehrt. Wir sehen auch Neukunden bei PAL, die bereits mit Sobatech gearbeitet haben.
Suchen die Kunden konkret einen Anbieter, der ihnen Gerüste und Schalungen aus einer Hand anbieten kann?
Dubuis: Nein. Der Kunde sucht in erster Linie die passenden Lösungen zum passenden Preis.
Graf: Wir sprechen uns intern natürlich ab. Wenn bei Sobatech Schalungen für ein Projekt mit grossen Höhen offeriert werden, besteht ja jeweils die Möglichkeit, dass wir für das gleiche Projekt auch mit PAL offerieren könnten. Dieser Austausch ist selbstverständlich.
Auf technischer Seite habe ich keinen Vorteil, wenn ich sowohl Gerüste wie auch Schalungen bei Ihnen beziehe?
Reichenbach: Nein. Die Produkte sind nicht so aufgebaut, dass sie nur mit den anderen Produkten aus unserem Haus anwendbar sind. Letztlich entscheidet der Preis.
Dubuis: Ich sehe durchaus einen Vorteil. Und zwar im gemeinsamen Service. Wir sind bekannt für unseren guten Service. Dieser wird natürlich optimal ausgenützt, wenn für ein Projekt mehrere Dienstleistungen von uns bezogen werden. Die Trennung der Unternehmen ist hauptsächlich eine juristische Trennung. Standorte, Büros, Lager sind allerdings dieselben. Das kommt dem Kunden zugute.
Wie läuft das Geschäft?
Dubuis: Sehr gut.
Die Hussor-Schalungen sind in der Deutschschweiz noch nicht wahnsinnig verbreitet.
Dubuis: Wir wünschen uns mit Sobatech in der Deutschschweiz einen langsamen und soliden Aufbau. Es war nie die Idee, möglichst schnell möglichst viel Umsatz in der Deutschschweiz zu realisieren. Wir sind ein kleines, unabhängiges, inhabergeführtes Unternehmen. Wir können nicht auf Mittel eines globalen Konzerns zurückgreifen, um im grossen Stil in einen Markt einzusteigen. Abgesehen davon ist ein langsamer Aufbau auch nötig, weil die Deutschschweizer Unternehmen bislang wenig mit Stahlschalungen arbeiten. Wir müssen uns Zeit lassen und Zeit nehmen, der Kundschaft die Produkte zu erklären und sie bei Projekten eng zu begleiten.
Wird der Aufbau von Sobatech quer von PAL finanziert?
Dubuis: Nein. Wir führen zwei separate Buchhaltungen. Zu Beginn hat PAL sicher geholfen. Heute ist das nicht mehr nötig. Die Entwicklung von Sobatech ist gut.
Über PAL haben Sie, Herr Dubuis, einmal gesagt, es sei der grösste Anbieter von Traggerüsten. Teilen Sie diese Meinung, Herr Graf?
Graf: Ich finde das immer schwer zu sagen. Es kommt … auch darauf an, was man vergleicht. Wir haben vielleicht am meisten Türme. Hingegen haben wir nicht so viele Träger.
Dubuis: Wir sind auf alle Fälle einer der wichtigen Anbieter. (lacht)
In der ganzen Schweiz oder vorwiegend in der Romandie?
Dubuis: Wir machen mit PAL in der Deutschschweiz mehr Umsatz als in der Westschweiz. Mit Sobatech ist es umgekehrt. Als wir mit den Schalungen anfingen, machten wir fast 100 Prozent Umsatz in der Romandie. Mittlerweile sind wir bei ungefähr 20 Prozent Umsatz in der Deutschschweiz.
Sie, Herr Reichenbach, sind 2012 zu Sobatech gestossen, um das Geschäft in der Deutschschweiz voranzutreiben.
Reichenbach: Genau. Ein paar Monate vor meinem Einstieg gelang es unserem Unternehmen, Frutiger AG für ein Grossprojekt in Bern Schalungen zu liefern. Das war der optimale Start in die Deutschschweiz. Frutiger ist stark gewachsen in den letzten Jahren. Mittlerweile gehört beispielsweise auch die Firma Nussbaumer dazu, über die wir in Zürich zu einem schönen Projekt gekommen sind. So geht es Schritt für Schritt voran. Aber es braucht Zeit, damit sich die Deutschschweiz an Stahlschalungen angewöhnen kann. Ich erinnere mich gut: Als ich erstmals mit einer Stahlschalung konfrontiert wurde, war das auch für mich eine ganz neue Herausforderung.
Haben Sie ein Unternehmen nach dem ersten Praxisversuch im Sack?
Reichenbach: Wir können uns nicht blind darauf verlassen, dass ein Kunde wieder kommt. Massgebend ist das konkrete Projekt. In der Romandie werden normalhohe Wände zwischen 2,40 und 2,60 Meter längst standardmässig mit Stahlschalungen gemacht. In der Deutschschweiz hingegen zieht man sie erst bei hohen Wänden überhaupt in Betracht. Der Trend jedoch ist klar: Hohe Wände bei grossen Industriebauten werden je länger desto mehr aus einem Guss gemacht. Aus Zeitgründen. Das spielt uns in die Hände. Gepaart mit einem guten Service hat der Kunde gute Gründe, wieder mit uns zu arbeiten.
Wie gelingt es, Deutschschweizer Kunden von Stahlschalungssystemen zu überzeugen?
Dubuis: Mit sehr viel Erklärungsarbeit. Es ist nicht nur ein anderes Produkt, sondern eine andere Welt. Die Stahlschalung verlangt eine andere Arbeitsweise. Der Schaler kann den Hammer und die Nageltasche zur Seite legen. Es braucht einen richtig dimensionierten Kran, um die Elemente zu versetzen. Das System muss gereinigt, gewartet, repariert werden, hat dafür aber eine Lebensdauer von vielleicht 15 Jahren.
Bauunternehmen stehen im Ruf, gegenüber neuen Materialien und Arbeitsweisen eher ablehnend zu reagieren.
Reichenbach: Wie schon erwähnt: Es ist ein langer Prozess, um Kunden von Holzschalungen zu einem Stahlsystem zu begleiten. Das ist schwierig, weil die herkömmlichen Rahmenschalungen und die entsprechende Arbeitsweise extrem in den Köpfen der Bauleute verankert ist. Wenn es allerdings zu einer Zusammenarbeit kommt, sind die Kunden offen und realisieren, welche Vorteile ein Stahlsystem bietet.
Im Schalungsmarkt gibt es Mitbewerber, die deutlich grösser sind. Wie behaupten Sie sich gegen die potenten Player?
Dubuis: Für uns ist entscheidend, dass der Markt in der Schweiz für Stahlschalungen noch gross ist. In der Westschweiz haben sich die meisten Unternehmen bereits für ein System entschieden. In der Deutschschweiz hingegen ist noch viel Potenzial.
Im Gegensatz zum Schalungsmarkt ist der Gerüstmarkt sehr lokal geprägt.
Graf: Nur bei Fassadengerüsten. Turmspezialisten gibt es vier oder fünf. Grosse Lehrgerüst- Anbieter gibt es drei. Wer in der Schweiz Traggerüste anbieten will, muss also ein gewisses Volumen anbieten können, um konkurrenzfähig und flexibel arbeiten zu können. Wir verfügen heute beispielsweise über 2500 Tonnen Turmmaterial.
Es braucht viel Material, um konkurrenzfähig zu sein. Es braucht aber auch viele Aufträge, um das viele Material auszulasten. Geht die Rechnung in der kleinen Schweiz auf?
Graf: Ja, wenn der Mix an Aufträgen stimmt. Die grossen Projekte kommen ja nicht alle miteinander.
Dubuis: Die Kleinheit des Landes hat für uns aber auch den Vorteil, dass die Transportwege kurz sind. Dennoch sind wir natürlich an grossen Projekten interessiert, bei denen unsere Gerüste lange im Einsatz stehen.
Graf: Aber – und das ist für die Gesamtauslastung wichtig – wir beschränken uns nicht auf die grossen Projekte. Wenn jemand «nur» sechs Türme braucht, bekommt er von uns ebenfalls einen Plan und eine Offerte und Monteure. Wir bedienen auch Kunden, die nur einen Turm brauchen – und diesen eigenhändig bei uns im Lager abholen.
Dubuis: Wir hatten einen Kunden, der nur ein paar einzelne Türme haben und diese sogar selbst montieren wollte. Im Jahr darauf kamen wir über diesen Kunden an einen Grossauftrag an der EPFL Lausanne über mehrere 100’000 Franken.
Müssen Sie bald neue Standorte mit Depots in der Deutschschweiz einrichten?
Dubuis: Momentan ist das nicht nötig. Wie gesagt: Die Schweiz ist nicht so gross. Hinzu kommt: Bei den Schalungssystemen ist es wichtig, dass sie gut gelagert und gereinigt sind. Um das effizient zu machen, ist ein gewisses Volumen nötig. Insofern macht es aktuell keinen Sinn, den Lagerbestand an verschiedenen Schweizer Standorten zu verteilen. Allerdings wollen wir weiter in Material investieren. Irgendwann kann ein weiteres Depot sinnvoll werden.
Sobatech befindet sich in der Deutschschweiz im Aufbau. PAL hingegen ist schon gut etabliert. Welche Ziele verfolgen Sie mit PAL?
Graf: Für mich ist klar, dass wir auch mit PAL weiter wachsen wollen. Wir suchen aktiv weitere Unternehmen, die mit uns arbeiten wollen.
Welches ist Ihr übergeordnetes Ziel als Unternehmer, Herr Dubuis?
Dubuis: Meine Frau und ich, unsere Familie, unsere Mitarbeitenden, deren Familien, sie alle sollen ein gutes Leben haben. Und sie alle sollen, wenn sie alt sind, noch genügend Kraft haben, um mit den Grosskindern zu spielen. Ein weiteres Ziel ist es, vielleicht einmal einen Nachfolger zu finden, der dasselbe Ziel verfolgt.
Von welcher konjunkturellen Entwicklung gehen Sie aus?
Graf: Es sieht nicht schlecht aus. Wir erhalten die Zuschläge zum Teil bis zu anderthalb Jahren vor dem Einsatz. Das erlaubt uns einen gewissen Ausblick.
Reichenbach: Auch bei den Schalungen sind wir optimistisch. Unabhängig von der rein konjunkturellen Entwicklung sind wir überzeugt, mit unserem System weitere Kundenkreise erschliessen zu können. Was dann effektiv läuft, hängt selbstverständlich von den Projekten ab, die zur Ausführung gelangen.
Die Prognosen der Konjunkturforschungs- Institute weisen darauf hin, dass es härter wird in den nächsten zwei, drei Jahren. Sie haben sich im Jahr 2006 selbständig gemacht, mussten also noch keine Krise durchstehen.
Dubuis: Nicht als Unternehmer. Ich bin mit 21 Jahren in den Gerüstbau eingestiegen. Das ist 30 Jahre her. In dieser Zeit habe ich viele Krisen gesehen. Aber immer gab es genügend Arbeit, wenn auch zum Teil zu einem schlechten Preis. Meine Frau und ich, wir verfolgten stets eine konservative Geschäftsstrategie. Wir haben unsere Schulden abbezahlt, das Material gehört uns. Gewinne haben wir grösstenteils in neues Material investiert. Sollte sich die Konjunktur abkühlen, werden wir weniger in neues Material investieren. Ich bin überzeugt, wir sind solide aufgestellt, um auch eine schwächere Phase schadlos zu überstehen.
Im Schalungsbereich setzen Sie auf Innovation, um einen guten Preis zu erzielen. Mit welcher Strategie machen Sie sich im Gerüstbereich unverzichtbar?
Graf: Wichtiger als der Turm ist, was man mit dem Turm macht. Und wie man es macht. Das beginnt im Büro bei der Offerte und der Planung und geht weiter bis zum Auf- und Abbau der Türme. Der Service ist im Gerüstbau das A und O. Ob auf dem Turm unser Name oder ein anderer steht, ist dem Kunden nicht so wichtig.
Gibt es bei Traggerüsten eigentlich Innovationen?
Dubuis: Es gibt gewisse Bestrebungen, Sicherheitsaspekte in die Gerüste zu integrieren. Aber das ist aufwändig und braucht viel Platz. Das System, das wir heute einsetzen, ist über 50 Jahre alt. Es ist sehr einfach und sehr leicht. Möglicherweise ist es die einfachste Lösung mit den vielfältigsten Anwendungsmöglichkeiten.
Ihr Unternehmen ist beidseits des Röstigrabens aktiv. Wo findet in ein paar Wochen die Weihnachtsfeier statt?
Dubuis: In La Chaux-de-Fonds. Die beiden Firmen feiern natürlich gemeinsam. Es werden zwischen 40 und 50 Personen anwesend sein. Es sind die Mitarbeitenden, deren Partner und natürlich auch die Unterakkordanten und Transpörtler dabei.