Vom analogen Büro zur mobilen Datenerfassung in Echtzeit. Seit 25 Jahren versorgt die Sorba EDV AG die Branche mit Bausoftware. Gründer und Mitinhaber Joachim Sorba spricht von einer digitalen Revolution, die sich derzeit vollzieht. (die baustellen Nr. 06/2014)
«die baustellen»: Das Titelbild des Facebook- Accounts von Sorba zeigt einen tollen, pechschwarzen Scania-Truck. Was hat es damit auf sich?
Joachim Sorba: Mit dem Truck gehen wir zwei Mal pro Jahr auf Tour. Wir gehen in die Nähe unserer Kundschaft, zeigen Präsenz, halten Kontakt. Früher haben wir das mit klassischen Erfa-Tagungen gemacht. Wir fanden dann, so eine Truck-Tour sei etwas spezieller als die herkömmlichen Veranstaltungen. Zunächst konnten wir den Truck von einer Fahrschule mieten. Später konnten wir ihn übernehmen. Er ist unsere grösste Hardware.
Ist der Chef auf den Touren dabei?
In den meisten Fällen schon.
Sie bieten Softwarelösungen für verschiedene Branchenzweige an. Können Sie an einer Veranstaltung alle Kunden gleichzeitig ansprechen?
Zunächst machten wir Gesamtpräsentationen. Von denen fühlten sich tatsächlich nicht alle Kunden angesprochen. Mittlerweile richten wir bei den Präsentationen verschiedene Desks ein, an denen wir die Kunden ganz nach ihren individuellen Bedürfnissen bedienen können.
Lohnt sich der Aufwand?
Davon bin ich überzeugt. Kundennähe ist für jedes Unternehmen eminent. Vor allem, wenn sie in einem sehr schnelllebigen Bereich tätig sind.
Ihr Unternehmen entwickelt Software für Unternehmen, die im Bauhaupt- oder -nebengewerbe tätig sind. Weshalb genau diese Branchen?
Das ist reiner Zufall. Die Sorba EDV AG wird durch zwei gleichberechtigte Partner geführt, Kai Weber und mich. Wir haben gemeinsam in St. Gallen Betriebswirtschaft und Informatik studiert. Im Zuge des Studiums mussten wir ein Praktikum machen. Meines führte mich Mitte der 1980er-Jahre in ein Tiefbauunternehmen. Meine Aufgabe war es, im Betrieb den PC einzuführen. Das war zu jener Zeit für viele Unternehmen Neuland. Es herrschte Skepsis. Der Chef war überzeugt, es gäbe keine Programme, die wirklich ihren Bedürfnissen entsprechen. Ich nahm den Faden auf und begann zu programmieren. Meine Lösung schlug ein. Bald wollten befreundete Unternehmen die Software kaufen. So entstand die Branchenfokussierung. Es wurde immer mehr und mehr. Irgendwann hatte ich keine Zeit mehr, nebenher zu studieren. Da fragte ich Kai Weber, ob er mit mir das Unternehmen gründen wolle. Er sagte spontan zu. Insgesamt war die Unternehmensgründung also wenig strukturiert, eher nicht HSG-like.
Und das Studium?
Wir legten ein Zwischenjahr ein. Streng genommen befinden wir uns seit 25 Jahren in diesem Zwischenjahr.
Waren Sie der erste Anbieter auf dem Markt?
Nein, es gab bereits andere Branchenlösungen. Die hatten jedoch einen anderen Ansatz: Die Anbieter fragten sich, wo der Arbeitsprozess für das Unternehmen beginnt. Antwort: In der Vorkalkulation. Also entwickelten sie erste Lösungen für die Vorkalkulation. Wir hingegen haben uns gefragt: Was dient dem Unternehmen am meisten. Unsere Antwort: Die möglichst weitgehende Automatisierung des Büros, der Administration. In einem ersten Schritt automatisierten wir Schreib- und Rechenarbeiten. In einem zweiten Schritt widmeten auch wir uns der Vor- und Nachkalkulation sowie dem Controlling. In einem dritten Schritt integrierten wir alle Einzelteile in eine Gesamtlösung, welche auch die Buchhaltung umfasst.
Ihre Software richtet sich an zahlreiche unterschiedliche Branchenzweige. Die Basis ist aber immer dieselbe, oder?
Richtig. Die Module sind für alle Branchenzweige dieselben. Sie werden allerdings je nach Branchenzweig und Bedürfnis des Kunden unterschiedlich parametrisiert. Je nach Branchenzweig bieten wir zudem spezifische Zusatzmodule an. Im Hoch- und Tiefbaubereich ist etwa die Arge-Abrechnung wichtig. Ein Dachdecker hingegen braucht das nicht.
Um die Bedürfnisse der Branchen abzudecken, müssen Sie diese im Detail kennen. Wie kommen Sie zu diesem Wissen?
Das Wissen, die Grundlagen, die Vorgaben und das Datenmaterial stammen in der Regel von Branchenverbänden. Hinzu kommen Unternehmen aus den Branchen, zu denen wir einen engen Kontakt haben und mit denen wir uns über neue oder sich verändernde Bedürfnisse austauschen. Der Austausch mit den Unternehmen ist allerdings nicht institutionalisiert.
Wie kommt es zu solchen Zusammenarbeiten?
Am Anfang steht die Idee. Zum Beispiel die Idee der mobilen Rapportierung, also dass die Mitarbeitenden via Tablets direkt von der Baustelle aus das System mit den notwendigen Daten füttern. Bei so einer Idee sind viele Unternehmer, die wir darauf ansprechen, kritisch. Sie können sich nicht vorstellen, dass das in der Praxis funktioniert. Dann aber gibt es immer auch Unternehmen, die eine solche Idee interessant finden und sie ausprobieren möchten. So kommen Zusammenarbeiten zustande, die für beide Seiten wertvoll sind. Wir gewinnen Praxiserfahrung. Die Unternehmen können zu einem sehr frühen Zeitpunkt ihre Bedürfnisse einbringen und so das Produkt stark mitgestalten. Handkehrum sind sie natürlich auch stark mit den jeweils unvermeidlichen Kinderkrankheiten konfrontiert.
Sie sprechen es an: Es gibt in der Branche viele, die sehr skeptisch gegenüber IT- und Internet-Themen sind. Wie erleben Sie das?
Es gibt riesige Unterschiede zwischen den einzelnen Unternehmen.
Unterschiede zwischen grossen und kleinen Firmen?
Überhaupt nicht. Ich kenne sehr innovative Kleinunternehmen und Grossunternehmen, die in der Administration noch verhältnismässig hemdsärmlig arbeiten.
Manchmal hat man den Eindruck: In einigen Firmen will man gar nicht zu genau wissen, wo überall Geld versickert.
Ich erkläre mir das so, dass sich die Administration bislang mit der Nachbearbeitung von Aufträgen befasste. Der Schaden war also schon angerichtet, als er im Büro sichtbar wurde. Man konnte eh nichts mehr machen. Mit der Etablierung des mobilen Rapportierens ändert sich das. Wenn die Mitarbeitenden das System live mit Daten füttern, hat der Unternehmer fast live die Kontrolle darüber, was passiert. Entsprechend kann frühzeitig eingegriffen und optimiert werden, wenn sich etwas ungut entwickelt.
Wie wird aus einem Skeptiker ein Kunde?
Unsere Kunden sind Unternehmer. Unternehmer sind bereit, in Lösungen zu investieren, die ihnen einen direkt oder indirekt finanziellen Nutzen bringen. Entsprechend ist unsere Herausforderung, den Nutzen aufzuzeigen, der aufgrund der Anwendung unserer Produkte für den Unternehmer entsteht. Trotzdem gibt es Grundhaltungen, denen wir nicht in letzter Konsequenz etwas entgegenzusetzen haben.
Wie meinen Sie das?
Ein Beispiel: Wir dürfen heute rund 2100 Firmen bedienen. Rund 600 dieser Unternehmen lassen ihr System auf unseren Servern laufen. Wenn mich ein Kunde fragt, ob die Daten absolut sicher sind, muss ich gestehen: Nein, was am Internet hängt, ist nie absolut sicher.
Der Kunde muss in Ihre Produkte investieren, um damit indirekt oder direkt Geld zu sparen. Kommt diese Botschaft an?
In aller Regel schon. Natürlich gibt es Unternehmer, die mit solchen Systemen nichts zu tun haben wollen und sich täglich von der Sekretärin die aufgelisteten Kostenträger auf den Tisch legen lassen. Unsere Kunden sind Unternehmer, die ganzheitlich denken. Sie erkennen, dass sie Mitarbeitende, die weniger Zeit mit der Administration verbringen, für Tätigkeiten mit höherer Wertschöpfung einsetzen können.
Zum Beispiel die Baukader sind doch heute ohnehin bis über beide Ohren ausgelastet.
Es stimmt, die Bauführer stehen heute enorm unter Druck. Und die Möglichkeit, alle notwendigen Daten direkt vor Ort per Tablett ins System einzugeben, führt nicht zu ihrer Entlastung. Aber sie führt zu einer Gesamtentlastung für das Unternehmen.
Jene, die draussen auf den Baustellen bereits voll am Anschlag sind, müssen also zusätzlich noch das Büro daheim entlasten.
Letztlich müssen alle mithelfen, um das Gesamtunternehmen effizient zu betreiben. Wenn wir die Resonanz der Kundschaft zum System mit mobiler Datenerfassung betrachten, ist das Fazit klar: Sie wollen es nicht mehr hergeben.
Auf Ihrer Website sieht man in Kundenvideos Unternehmer, die begeistert sind von der mobilen Datenerfassung. Findet eine digitale Revolution auf dem Bau statt?
Wir stecken mittendrin. Die Pionierphase ist abgeschlossen, der Widerstand ist weitgehend weg, es herrscht ein richtiger Hype. Die Tablets sind derzeit unser Verkaufsschlager.
Ist das eine Generationenfrage?
Das ist ein weitverbreitetes Vorurteil. Wir beobachten oft das Gegenteil. Die Generation, der man landläufig den Umgang mit moderner Hard- und Software nicht zutraut, legt bisweilen einen grossen Ehrgeiz an den Tag, um das Gegenteil zu beweisen.
Wie beurteilen Sie Ihr Wachstumspotenzial?
Der Markt ist nicht mehr derselbe, wie wir ihn vor 25 Jahren angetroffen haben. Heute herrscht ein Verdrängungswettbewerb. Zudem verschwinden auch immer wieder Unternehmen, die bestehende oder potenzielle Kunden waren. Es geht für uns deshalb nicht nur darum, Neukunden zu gewinnen, sondern auch darum, unsere Dienstleistung bei bestehenden Kunden auszubauen.
In welche Richtung geht das?
Die mobile Rapportierung wird sich noch weiter etablieren. Ebenfalls viel Potenzial sehe ich in der Arbeitsvorbereitung. Bestellungen von der Baustelle an die Zentrale oder den Werkhof, das ist ein Bereich, der noch unterentwickelt ist. Wir arbeiten mit einigen Unternehmen in dieser Richtung zusammen. Sie haben erkannt, dass viel Produktivität durch Leerläufe verloren geht. Und stellen sich die Frage, wie man den Bereich optimieren kann.
Und die Antwort?
Es herrscht vermutlich ein Konsens darüber, dass das Baustellenmanagement per Handy nicht sehr produktiv ist. Unser Lösungsansatz geht dahin, dass die Bestellungen für den nächsten Tag am Vorabend via Tablet an den Werkhof übermittelt werden, wo das Material dann gerüstet wird. Leerläufe sind dadurch nicht eliminiert. Aber man kann sie reduzieren.
Technisch ist vieles möglich: Man kann sich beispielsweise einen komplett automatisierten Werkhof vorstellen. Wie machen Sie den Spagat zwischen dem, was möglich ist, und dem, was gefragt ist?
Das gibt uns die Kundschaft auf brutalste Art zu verstehen. Sie kauft oder kauft nicht. Wenn wir neue Ideen umsetzen, riskieren wir, beträchtliche Vorleistungen in den Sand zu setzen. Ein Beispiel: Wir haben eine mobile Offert-Lösung für Gartenbauunternehmen entwickelt. Der Unternehmer kann anhand von einzelnen und kombinierbaren Bildern gemeinsam mit dem Kunden auf dem Tablet den Wunschgarten zusammenstellen. Die Bilder sind mit Leistungspositionen hinterlegt. Ist der Kunde mit dem Ergebnis zufrieden, kann ihm der Unternehmer deshalb sofort einen sauber kalkulierten und – je nachdem mit einigen Feinanpassungen – einen realistischen Preis für seinen Wunschgarten nennen. Eine coole Sache, nicht?
Sehr.
Hat aber kein Mensch gekauft. Die Gründe dafür sind vielfältig und häufig nicht ganz klar zu benennen. Manchmal ist einfach die Zeit nicht reif. Und manchmal gibt es für verworfene Ideen später eine zweite Chance.
Entwickeln Sie hier im Haus?
Ja. Von der Entwicklung über Verkauf, Installation, Wartung bis zum Outsourcing der Programme auf unsere Server findet alles bei uns im Haus statt. Die Entwicklung war und ist das Herzstück unseres Unternehmens. Unsere ursprüngliche Idee war es einfach, hier Software-Lösungen zu entwickeln. Und irgendwelche Leute sollten für uns im Land herumreisen und für uns den Verkauf erledigen. Das hat natürlich nicht funktioniert. Die Materie war zu komplex. Im Verkauf brauchte es jemand, der unsere Produkte von A bis Z versteht. Deshalb haben wir uns aufgeteilt. Kai Weber, leitet die Entwicklung, ich den Verkauf.
In verschiedenen Bürobereichen haben mittlerweile Open-Source-Programme Einzug gehalten, welche die kostenpflichtigen Software-Lösungen konkurrenzieren. Spüren Sie das?
Nein. Und zwar, weil die Basis unserer Software immer die Branchendaten sind. Das schaffen Open-Source-Programme nicht.
Es ist also diese Datengrundlage, die Sie im Geschäft halten?
Ja, das muss man zugeben. Ein ganz normales Handelsunternehmen kann vergleichsweise problemlos eine Softwarelösung nach eigenem Gutdünken zusammenstellen. Die Administration eines Bauunternehmens hingegen ist eine sehr komplexe Angelegenheit. Es sind Menschen, Material und Maschinen gleichzeitig an zahlreichen unterschiedlichen Orten in unterschiedlichsten Projekten involviert. Es ist eine Herausforderung, so komplexe Prozesse mit einer möglichst einfachen Software umfassend abzudecken. Hinzu kommt ein zusätzlicher Spagat: Ein Neukunde wünscht sich von uns ein Produkt, das auf der Höhe der Zeit ist, mit allen Funktionen und allen modernen Möglichkeiten. Ein bestehender, langjähriger Kunde wünscht gleichzeitig, dass wir an seinem Produkt nichts verändern. Alles, was wir neu entwickeln, muss entsprechend mit den bestehenden Produkten harmonieren.
Eine Ihrer Devisen lautet entsprechend: «So einfach wie möglich».
Ja, und Einfachheit ist eben sehr schwierig zu erreichen. Ich bin seit vielen Jahren im Verkauf tätig. Einfachheit ist bei den meisten Kunden eines der ersten Kriterien. Gefolgt von einer ewig langen Aufzählung von Funktionen, welche sie von einer Software erwarten. Das unter einen Hut zu bringen, ist Knochenarbeit.
Welche Möglichkeiten zur Weiterentwicklung des Unternehmens sehen Sie?
Wir haben sehr viele Ideen. Tendenziell wird die Entwicklung eher in die Tiefe gehen, statt in die Breite. Unser Fokus liegt darauf, uns mit bestehenden Kunden weiterzuentwickeln. Wir möchten so bleiben, wie wir sind. Wir haben eine gute Grösse und eine gute Ausrichtung. Wir fühlen uns wohl.
Mit Ihrer Software wird beispielsweise am Campus Sursee unterrichtet. Bessere Werbung gibt es vermutlich nicht. Wie ist das gelungen?
Da steckt viel Knochenarbeit dahinter. Wir bemühen uns seit Jahren intensiv um die Schulen. Wir engagieren uns stark, gehen vor Ort, bieten Instruktionen. Ich verstehe das als Aussaat. Allerdings lässt sich der Effekt nicht klar beziffern. Wir gehen davon aus, dass es eine von mehreren Marketingmassnahmen ist, die wirken.
Ganz ehrlich: Bei mir vergeht kaum eine Woche, in der ich nicht irgendeine Software, Hardware oder irgendeinen Online- Service zum Teufel wünsche. Kennen Sie das?
Ja sicher.
Was tun Sie dann?
Ich verfüge glücklicherweise selbst über Fachkenntnisse. Zudem arbeiten zahlreiche hochkompetente Fachleute im Betrieb, die helfen können, wenn gar nichts mehr geht. Tatsächlich hat man ja manchmal das Gefühl, der Computer habe menschliche Züge, wenn er vermeintlich willkürlich Macken an den Tag legt. Bislang konnten wir jedoch – wenn auch nach teils langen und tiefschürfenden Nachforschungen – noch jeden Fehler logisch erklären. Aber oft, wenn ich ein Problem mit einer Software habe, muss ich am Schluss einsehen: Der Fehler lag bei mir.