«Der Neubau wird stark spürbar»

20Genau 40 Jahre nach der ersten Swissbau öffnet im Januar die nächste Swissbau in der Messe Basel ihre Tore. Ein Gespräch mit Messeleiter Rudolf Pfander über Herausforderungen und Gratwanderungen sowie über das Zittern im letzten Moment. (die baustellen Nr. 12/2013)

«die baustellen»: Die Swissbau 2014 steht vor der Tür. Erstmals findet sie im Messeneubau statt. Aufgeregt?
Rudolf Pfander: Vorfreudig. Nach zwei Jahren intensiver Arbeit freue ich mich, wenn der Anlass endlich losgeht. Wir arbeiten zwei Jahre auf diese fünf Tage hin. Jetzt stehen wir kurz davor. Alles ist aufgegleist, wir können das Schiff fahren lassen.

Wann begannen die Vorbereitungen für die jetzt bevorstehende Messe?
Sofort nach der letzten Swissbau im Jahr 2012. Das erste Jahr ist für uns sogar das strengere. Wir machen die Debriefings und die konzeptionelle Arbeit für die nächste Messe. Das ist intensiv. Unser Rhythmus sieht vor, dass die Planung jeweils ein Jahr vor der Messe steht. Seit Januar dieses Jahres kümmern wir uns ausschliesslich um die Akquisition und Umsetzung.

Was wird mit dem Neubau anders?
Der Neubau wird stark spürbar. Und zwar vom ersten Moment an, in dem man auf dem Messeplatz ankommt. Es wird für viele Besucher spannend sein, die Messe jetzt zu sehen, nachdem sich der Neubau während der letzten Swissbau noch in der Realisierung befand. Der Eintritt durch die neuen Foyers – die so genannten Citylounges – wird ein ganz anderer sein. Und dann natürlich die neue, hohe Halle von Herzog und de Meuron, welche den Ausstellern ganz andere Möglichkeiten im Standbau bietet als noch bei der letzten Ausgabe. Der Neubau hat uns zudem motiviert, auch die bestehenden Hallen und damit den ganzen Messeplatz aufzuwerten.

Die Aussteller können in der neuen Halle höhere Stände bauen. Tun sie es auch?
Ja. Ein Messebesuch ist ein Erlebnis. Der Standbau gehört entscheidend zu diesem Erlebnis dazu. Das wissen die Aussteller. Sie realisieren deshalb aufwändige Stände, halbe Gebäude werden erstellt. Die Aussteller investieren sehr viel Geld, um sich optimal zu präsentieren.

Durch den Neubau stehen nun ganz unterschiedliche Hallentypen zur Verfügung. War es schwierig, die Aussteller zur allseitigen Zufriedenheit zu platzieren?
Das war gar kein Problem. Wir wollten gegenüber der letzten Swissbau möglichst wenige Umplatzierungen vornehmen, denn das Grundkonzept der vier Hallenthemen hat sich bewährt. Im Neubau befinden sich jetzt hauptsächlich die Aussteller rund um das Thema Gebäudetechnik. In der Halle 2 wie bisher das Thema Innenausbau, in Halle 1 Nord und Halle 3 Rohbau und Gebäudehülle und in Halle 4 Konzept und Planung.

Kein Gerangel um die Plätze im Neubau?
Nein. Wir haben das Platzierungskonzept sauber aufgegleist und sehr früh mit den Ausstellern besprochen. So ist sukzessive die ganze Messe zusammen gewachsen, ohne dass es ein Gerangel gegeben hätte.

Die letzte Swissbau fand in passendem Ambiente, auf einer Baustelle, statt. Jetzt ist das Werk fertig. Passt der Luxus-Neubau überhaupt zur Baubranche?
Klar. Von aussen ist der Neubau wirklich sehr imposant und sehr exklusiv. Ist man jedoch in der Halle drin, ist es eine sehr weitläufige, offene Halle, die sich mit jedem Thema problemlos bespielen lässt.

Es gibt zur Swissbau auch kritische Stimmen aus der Branche. Zum Beispiel Unternehmen aus der Schalungsoder Gerüstsparte fühlten sich etwas vernachlässigt.
Die Swissbau hat in den letzten Jahren tatsächlich eine gewisse Wandlung durchgemacht. Drei Viertel der Aussteller wünschen sich in erster Linie Architekten als Besucher ihrer Stände, das zeigen unsere Umfragen. Dieser Wunsch hat zu einer leichten Neupositionierung geführt. Dass dies immer eine Gratwanderung ist, ist uns bewusst.

Drei Viertel der Aussteller wollen Architekten. Die Besucherstatistik zeigt: Nur 19 Prozent der Besucher waren bei der letzten Swissbau Architekten.
Das ist kein Makel, sondern ein Erfolg. 19 Prozent der Fachbesucher heisst, dass die letzte Swissbau von gut 17‘000 Architekten besucht wurde. Keine andere Baumesse schafft das.

Trotzdem: Der grösste Teil der Besucher gehört gemäss Ihren eigenen Erhebungen zur Kategorie «Handwerker ».
Richtig. Dass wir die Messe neu justieren, heisst auf keinen Fall, dass wir gewisse Aussteller- oder Besuchergruppen loswerden wollen. Wir wollen das eine fördern und das andere weiterhin pflegen. Das gelingt uns bis jetzt gut. Soweit ich aus der Branche höre, gilt die Swissbau auch bei den Baumeistern nach wie vor als wichtigste Messe. Ganz klar: Wir wollen die Ausführenden an unserer Messe, sowie wir auch das Ausbaugewerbe, die Haustechniker und Planer/Architekten bei uns wollen. Es ist genau diese Bandbreite, die uns einzigartig macht.

Wie nahe sind Sie an der Branche dran?
Sehr. Unser Job ist es, an der Messe während fünf Tagen Angebot und Nachfrage zusammenzubringen. Das geht nur, wenn wir am Puls der Branche sind. Sehr nahe dran sind wir natürlich an den Ausstellern. Sie sind unsere direkten Kunden. Mit dem «Swissbau Focus», den wir an der Swissbau 2012 lancierten, haben wir auch die Besucherverbände stärker eingebunden und können so die Bedürfnisse der Besucher besser kennen lernen.

Was ist dieser «Swissbau Focus» wirklich?
Er ist unsere Kompetenzplattform für nachhaltiges Bauen und Erneuern. Auf rund 3000 Quadratmeter in der Eventhalle finden alle Veranstaltungen, Arenen, Vorträge und Workshops statt. Zudem sind die Branchenverbände, Ämter und Medien präsent und tragen zum konstruktiven Austausch und zur Debatte, zur Inhalts- und zur Wissensvermittlung bei. Der Ort, an dem dies alles geschieht, nennen wir den «Swissbau Focus».

Welche Erfahrungen haben Sie 2012 damit gemacht?
Es war «e riise Lupf». Wir mussten das von Null auf aufbauen und den unterschiedlichsten Partnern vermitteln. Umso erfreuter waren wir, dass die erste Durchführung weitgehend ein Erfolg war. Die meisten Partner werden jetzt wieder präsent sein. Es wird sogar einen Workshop mit Bundesrätin Doris Leuthard geben. Das spricht für die Relevanz der Plattform.

Das Label «Swissbau» ist sehr bekannt. Sie müssen sich vermutlich nicht darum kümmern, dass genügend Aussteller kommen.
Grundsätzlich ist das richtig. Trotzdem sind wir gefordert. Wir erlebten in den letzten Jahren ein starkes Aufkommen neuer Marketing-Kanäle, zum Beispiel von digitalen Plattformen. Der Marketing-Franken der Unternehmen ist nicht grösser geworden, verteilt sich aber auf immer mehr Kanäle. Weil die Budgets für die Swissbau immer schon hoch waren, wurden sie in den Firmen schon seit jeher genau überprüft. Entsprechend waren wir stets gefordert, unseren Kunden für ihre Auslagen den maximalen Ertrag zu bieten.

Messen kommunizieren jeweils gerne Rekordzahlen. Wann ist eine Messe für Sie eine gute Messe?
Rekordzahlen sind nicht immer das Mass aller Dinge. Wir wollen nicht die Quantität, sondern in erster Linie die Qualität steigern – vor allem die Qualität der Kundenkontakte unserer Aussteller. Heute wird an Messen nicht mehr verkauft, sondern es werden Kontakte geknüpft und gepflegt. Es braucht die richtigen Leute zur richtigen Zeit am richtigen Ort, damit die richtigen Gespräche entstehen. Eine gute Messe schafft das.

Wie messen Sie die Qualität von Kontakten?
Die leiten wir aus unseren Befragungen und zahlreichen persönlichen Gesprächen ab. Um ein möglichst authentisches Bild zu erhalten, sind wir auf ehrliche Rückmeldungen angewiesen. Wir sind deshalb auch jederzeit offen für kritisches Feedback.

Wann ist der Aussteller zufrieden mit einer Messe?
Auch für ihn sind Kundenkontakte das Wichtigste. Ob er seine Ziele erreicht, hängt allerdings nicht nur von uns ab. Wir bringen die Menschen auf den Messeplatz. Ob sie dann vor einem bestimmten Stand stehen bleiben, das liegt in der Kompetenz der Aussteller.

Wenn man die «Highlights 2014» der Swissbau betrachtet, fallen einem sofort die Trendwelten Küche und Bad auf. Geht das nicht zu sehr in Richtung Design?
Die einzelnen Ausstellungsthemen wie Gebäudetechnik, Rohbau usw. sind ungefähr gleich gross. Flächenmässig findet also keine Gewichtung statt. Unter Highlight verstehen wir mehr die Art und Weise der Inszenierung, und die liegt im Bereich Innenausbau eher auf der Hand. Auch sind diese Bereiche verstärkt von Trends geprägt und damit auch von gutem Design.

Muss man Diplomat sein in Ihrem Job?
Unbedingt. Die Bau- und Immobilienwirtschaft ist sehr heterogen, sodass es eine enorme Herausforderung ist, alles unter einen Messehut zu bringen. Und man muss akzeptieren, dass man es leider nicht immer allen recht machen kann.

Die Messe läuft jeweils bis Samstag. Am Samstag sieht man viele Familien und Kinderwagen an der Messe. Will man das?
Erstens: Jeweils rund die Hälfte der Aussteller wollen explizit auch Privatbesucher ansprechen, wobei Privatbesucher mit Kinderwagen auch Profis sein können – beschäftigen sie sich doch zum Zeitpunkt des Besuchs in der Regel mit einer konkreten Investitionsabsicht in Haus oder Wohnung. Zweitens: Ihr Eindruck stimmt nicht. Ich habe an der letzten Swissbau – genau mit dieser Vorahnung – am Samstagnachmittag um 15.30 Uhr die Halle 4 mit Softwarelösungen ausschliesslich für Architekten und Ingenieure besucht. Und die Halle war voll. Der Samstag zieht nicht ausschliesslich Privatbesucher an. Denn längst haben nicht mehr alle Profis, die eine Messe besuchen wollen, dafür auch unter der Woche Zeit.

Sie nutzen für die Kommunikation zahlreiche moderne Kanäle: Videos, Apps, Blogs, wie wichtig sind solche Aktivitäten für die Zielgruppe Bau?
Es ist ein Fehler, hier von einer einzigen Zielgruppe zu sprechen. Es sind mehrere Zielgruppen mit unterschiedlichen Affinitäten. Wichtig ist uns ein professioneller Mix. Ich bin überzeugt, dass sich die Aktivitäten auf den digitalen Kanälen künftig noch enorm weiterentwickeln werden. In sechs, sieben Jahren kommt in der Wirtschaft eine ganz andere Generation ans Ruder, für die die Nutzung von digitalen Medien selbstverständlich ist. Und darauf sind wir vorbereitet.

Sie verstehen die Online-Aktivitäten als Lernprozess?
Nicht nur. Sie funktionieren schon heute. Unsere App wurde bislang beispielsweise 10’000 Mal heruntergeladen. Online-Gutscheine und -Tickets werden stärker nachgefragt, der Blog führt über das ganze Jahr hinweg Besucher auf unsere Website. In dem Bereich ist viel Bewegung, wir wollen hier Schritt halten.

Gefährden solche neuen Marketing- Massnahmen die physische Messe?
Ich bin überzeugt – und die Aussteller- und Besucherzahlen stützen das –, dass ein Live-Anlass nach wie vor sehr wichtig ist. «You can’t e-mail a handshake», sagt man. Das wird so bleiben. Allerdings wird die Messe immer stärker um digitale Angebote ergänzt.

Messestandorte wie etwa Luzern rüsten mit Neubauten auf. Spüren Sie das?
Nein. Wir haben mit «Swissbau» einen sehr starken Brand und bieten an der Messe eine Vielfalt, die andere Messeplätze nicht bieten können. Trotzdem nehmen wir die Konkurrenz ernst. Denn letztlich entscheidet der Kunde, wo er mehr Ertrag für seinen Einsatz erhält. Aber wir sind sicher, in diesem Wettbewerb gute Argumente für unser Angebot zu haben.

Wie soll sich die Swissbau weiter entwickeln?
In der Qualität. Bei der Quantität stossen wir an gewisse Grenzen. Also sind wir gefordert, die sich laufend weiterentwickelnden Bedürfnisse eines breiten Ausstellerund Besucherspektrums noch besser zu antizipieren und zu befriedigen. Am Ball bleiben – das ist die Herausforderung, der wir uns Tag für Tag stellen. Dass wir auch ganz neue Visionen und Ideen entwickeln, versteht sich von selbst. Die verrate ich allerdings nicht.

Sie sind seit sieben Jahren für die Swissbau verantwortlich. In der ganzen Zeit ist die Baubranche auf Hochtouren gelaufen. Denken Sie an eine Zeit, in der das nicht mehr so sein wird?
Sicher. In den letzten Jahren hat sich die Branche allerdings nicht von Krisen beeindrucken lassen. Soweit ich aus Gesprächen erfahre, wird das in den nächsten Jahren auch weiter so bleiben.

Was haben Sie selbst für einen Bezug zum Bau?
Mein Bezug sind sieben Jahre Swissbau. Ich bin jedoch nicht aus der Branche. Ich bin Marketing- und Messespezialist. Aber ich konnte privat Erfahrungen als Bauherr sammeln (lacht).

Die grossen Messe-Highlights in Basel sind die Basel World und die Art Basel. Inwiefern ist die Swissbau für die Messe Basel überhaupt relevant?
Für die Messe Basel ist das Gesamtpaket von höchster Relevanz. Nebst Basel World und Art Basel haben wir 40 weitere Messeprodukte. Die Messe Basel will mit guten Produkten gute Kontakt- und Verkaufsplattformen bieten, und dies in möglichst vielen unterschiedlichen Branchen. Für uns ist wichtig, dass wir bei solchen Vergleichen nicht den Fokus verlieren. Wir machen mit der Swissbau eine Fachmesse, die in der definierten Branche die unbestrittene Leitmesse ist und auch den europäischen Vergleich nicht zu scheuen braucht.

Was geht in Ihnen am 21. Januar 2014 um 9 Uhr morgens vor, wenn die Messe eröffnet wird?
Dann werde ich in heller Aufregung sein und hoffen, dass während fünf Tagen alles tipptopp klappt.

Spüren Sie bei der Eröffnung, ob die Messe ein Erfolg wird?
Ich glaube schon, dass ich mittlerweile ein gewisses Gespür dafür entwickelt habe. Darauf wetten würde ich aber nicht. Der Erfolg ist auch von unbeeinflussbaren Faktoren abhängig. Wenn in der Messewoche ein halber Meter Schnee fällt, ist das schwierig für uns.

Haben Sie ein Ritual, das sich vor Eröffnung der Messe wiederholt?
Nein. Ich gehe am Vorabend mit meinem Team jeweils durch die ganze Messe. Ich will nochmals alles mit eigenen Augen sehen, bevor es losgeht.

Beat Matter

Beat Matter

Ich schreibe. Und ich fotografiere. Beides fliessend. Für Medien, Unternehmen, Stiftungen, Verbände, Vereine und Private.

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