Heidrun Keen, 50, Projektleiterin bei Implenia, realisiert auf dem Letzibach Teilareal C beim Zürcher Bahnhof Altstetten bis 2015 vier grosse Wohn- und Geschäftshäuser. Immer dabei: ihre beiden Hunde. (die baustellen Nr. 05/2013)
Es ist mein erstes Projektleiter-Objekt, das ich vollumfänglich betreue. Dabei begleitet mich ein Abteilungsleiter, der in der Gesamtprojektleitung vertreten ist. Wir haben hier ein klassisches Generalunternehmer-Mandat. Bis April 2015 realisieren wir vier Gebäude mit 185 Wohnungen und 5000 Quadratmeter Fläche für Dienstleistung, Verkauf und Gastronomie.
Die grössere Verantwortung macht mich nicht nervös. Gewisse bisherige Zuständigkeiten fallen weg, dafür kommen zahlreiche neue hinzu: Kostenkontrolle, Zeitmanagement, rechtzeitige Bereitstellung der Pläne vom Fachplaner, Vergabe der Aufträge an Subunternehmer und natürlich der Kontakt mit der Bauherrschaft. Ich freue mich, weniger im Tagesstress drin zu stecken. Wobei: Stress ist auch heute noch genug da, wenn auch auf einer anderen Ebene.
Ich arbeite seit zehn Jahren für Implenia. Seit zwei Jahren als Projektleiterin. Davor habe ich acht Jahre Bauleitungen gemacht. Mein Vater war Vermessungs- und Bauingenieur – so bin ich mit dem Baugewerbe aufgewachsen.
Eigenes Architekturbüro
Im Gymi habe ich schnell gemerkt, dass Sprachen nicht meine Leidenschaft sind. Meine Stärken lagen im Zeichnen und bei den Zahlen. Ich machte in einem Architekturbüro eine Lehre als Hochbauzeichnerin und besuchte die Berufsmaturitätsschule. Danach wechselte ich in ein Büro nach Zürich und machte berufsbegleitend das Abendtechnikum, das ich als Architektin HTL abschloss. Ich arbeitete noch zwei Jahre in dem Büro weiter, war als Zeichnerin und vor allem als Projektleiterin in der Ausführung tätig.
Nach der Familiengründung eröffnete ich mein eigenes Büro, weil ich keine Teilzeitanstellung gefunden hatte. Ich arbeitete zehn Jahre lang von Zuhause aus und betreute kleinere Projekte. Unter anderem kaufte ich gemeinsam mit meinem Vater Bauland. Wir entwickelten und realisierten darauf Projekte. Nach zehn Jahren verlor mein Mann seine Stelle. Meine Selbständigkeit warf finanziell zu wenig ab, um eine unterdessen vierköpfige Familie zu ernähren. Also vereinbarten wir, dass derjenige die Lücke schliesst, der als Erster eine Vollzeitstelle findet. Ich fand sie bei der damaligen Zschokke. Das eigene Büro aufzugeben fiel mir nicht so schwer. Ich sah Vorteile: Die Arbeitszeit und das Einkommen waren wieder geregelt, die Freizeit war wieder Freizeit.
Vielseitige Herausforderung
Als Frau in einer Männerdomäne tätig zu sein, ist für mich kein grosses Thema. Ich bin mir Männergesellschaft gewohnt, war schon im Technikum die einzige Frau. Ich sehe hier eher Vorteile: Ich kann den Leuten auch auf einer Gefühlsebene begegnen, mal fragen, wie es Frau und Kindern geht, die Probleme aus anderen Perspektiven betrachten. Als Fazit habe ich auf meinen Baustellen meist ein gutes Arbeitsklima.
An meiner Arbeit schätze ich die Vielseitigkeit. Es spielt mir keine grosse Rolle, was für ein Objekt ich begleiten darf. Es finden sich überall Aspekte, die herausfordernd und spannend sind. Trotzdem: Einmal beim Bau eines Spitals dabei zu sein, würde mich reizen, weil ich eine Affinität für komplexe Haustechnik habe. Aber unabhängig der Art des Objekts bin ich jeweils mit Leib und Seele bei der Sache. Ist das Projekt abgeschlossen, fühlt es sich an, als gäbe man ein Kind her.
Immer bei mir sind die Golden Retriever Pippilotta und Penelope. Retriever sind Gun- Dogs, die man im Ausland heute noch bei der Enten- und Fasanenjagd einsetzt. Wir betreiben die Aktivität sportlich und ohne Vögel töten zu müssen, geschossen wird trotzdem. Wenn ich am Abend oder am Wochenende mit den Hunden trainiere und an Wettkämpfen teilnehme, schalte ich komplett ab.