Peter Kündig, 48, Rechtsanwalt und Notar, ist Zunftmeister der «ehrsamen Zunft der Bauleute Zug». Bei seinem eigenen Zunfteintritt musste er ein simples Profil aufstellen. Heute macht er es den Neumitgliedern bedeutend schwieriger. (die baustellen Nr. 03/2010)
Wir sind da heute offen. Wie könnte es anders möglich sein, dass ich als Jurist Zunftmeister der «Zunft der Bauleute» in Zug sein kann. Was einst im Mittelalter tatsächlich als Zunft von Unternehmern im Baugewerbe initiiert wurde, ist heute vielmehr ein gesellschaftlicher Verein, in welchem die verschiedensten Berufsgattungen vertreten sind. In irgendeiner Art und Weise kann man aber häufig dennoch einen Zusammenhang zur Bauwelt herstellen. Da braucht es bisweilen halt ein bisschen Fantasie.
Bei mir etwa ist es so, dass ich mich als Jurist häufig mit dem Baurecht auseinandersetze. Und wenn man es sich recht überlegt, gibt es sogar eine immer direktere Verbindung zwischen der Juristerei und der Bauerei.
Höheres Konfliktpotenzial
Wenn im Baubereich ein Konflikt auftritt, werde ich als Anwalt häufig zu spät gerufen. Man könnte so manche Streitigkeit verhindern, wenn man sich früher mit den rechtlichen Gegebenheiten auseinandersetzen würde. Aber ich möchte meine Funktion auch nicht überbewerten: Es ist grundsätzlich schwierig zu bauen – sei es mit oder ohne Anwalt. Denn es ist schlicht eine konfliktträchtige Materie: Bauen findet in der Öffentlichkeit statt, es prallen Vorstellungen von Behörden, Bauherrschaft, Bauunternehmen und jeweils auch von der Nachbarschaft aufeinander. So bleibt Bauen auch bei sorgfältiger Vorgehensweise eine heikle Angelegenheit – und ich bin absolut der Auffassung, dass das Konfliktpotenzial in den vergangenen Jahren noch grösser geworden ist. Das hat verschiedene Gründe. Die Schweizer Bauherrschaft wird stetig anspruchsvoller. Die kommunalen Bauordnungen machen es den Bauherren zunehmend schwer, etwas zu bauen, das nicht vollumfänglich im Sinne der Nachbarschaft ist. Und ebendiese Nachbarschaft ist im Falle eines Bauvorhabens immer weniger tolerant. Man kümmert sich als Nachbar sehr intensiv um die Verteidigung der eigenen Rechte. Zu anerkennen, dass ein Bauherr in der Nachbarschaft aber ebenfalls mit Rechten ausgestattet ist, fällt schwer. Das ist allerdings ein Umstand, der wohl weder von Anwälten noch von Bauleuten verändert werden kann. Ich betrachte das eher als gesellschaftliches Problem.
Aufnahme der Kandidaten
Neben meiner Anwalts- und Notariatstätigkeit ist unsere Zunft ein reines Hobby. Man kann unser Zuger Zunftwesen diesbezüglich nicht mit dem berühmteren Zunftwesen der Stadt Zürich vergleichen. Die betreiben einen ganz anderen Aufwand. Unser wichtigster Anlass im Jahr findet jeweils am 25. September statt. Es ist das sogenannte Hauptbott, die Generalversammlung unserer Zunft. Da werden die üblichen GV-Traktanden behandelt, allerdings auf möglichst unterhaltsame Art und Weise, und es findet jeweils ein Ausflug zu einer spannenden Baustelle oder einem interessanten Gebäude statt. Wir haben schon das neue Eisstadion hier in Zug besucht oder etwa auch das Fifa- Gebäude auf dem Zürichberg. Am Hauptbott werden auch die neuen Mitglieder aufgenommen. Wer in unsere Zunft will, muss von drei Zünftern nominiert werden, muss anschliessend von zwei Dritteln der Versammlung als Gast akzeptiert werden und muss dann noch «Prüfungen» bestehen. Als ich 1996 eintrat, musste ich ein simples Profil aufstellen. Heute muss ich zugeben, mache ich es den Kandidaten nicht mehr so einfach. Aber so eine Mitgliedschaft soll ja durchaus auch verdient sein.