SIA prüft Anpassungen der «Zensur»-Vorgabe

Happige Vorwürfe an die Adresse des Basler Baudepartements. Basel führe die Vorzensur ein, schreibt die «Schweiz am Sonntag» (SoS) in ihrer Basler Ausgabe vom vergangenen Sonntag. Der Titel des Beitrags: «Zensur wie zu alten Zeiten».

Im Artikel geht es um einen öffentlichen Architekturwettbewerb in Basel. Konkret um die Beurteilung der Wettbewerbsprojekte zur Umgestaltung des alten Kleinbasler Fussballstadions Landhof. Die Öffentlichkeit ist zu der Jury-Sitzung eingeladen, die mediale Berichterstattung soll jedoch eingeschränkt werden. Im SoS-Artikel heisst es:

«Die Verwaltung schreibt vor, dass Journalisten ihre Berichte der Jury zur Freigabe vorlegen müssen. Das bedeutet, dass die Medienbeiträge nur veröffentlicht werden dürfen, wenn der Staat grünes Licht gibt. Wie bei der Vorzensur üblich – zuletzt wurde sie vom Bundesrat während des Zweiten Weltkriegs eingesetzt – dauert dieser Prozess lange. Da die elfköpfige Jury die Medienberichte gemeinsam beurteilt, benötigt sie dafür einen ganzen Tag. Eine Berichterstattung am Tag der Jurierung ist deshalb verboten»

Im Beitrag wird erwähnt, dass die kritisierte Verwaltung die Zensur mit einer Vorgabe des Schweizerischen Ingenieur- und Architektenvereins (SIA) rechtfertige. Diese Vorgabe findet sich in einem Papier mit dem Titel «Einbezug der Öffentlichkeit». Es beschreibt, in welcher Art im Zusammenhang mit Wettbewerben und Studienaufträgen kommuniziert werden soll (oder eben nicht). Das Papier datiert vom November 2012. Auf Seite 7 findet sich der Abschnitt, auf welchen sich das Basler Baudepartement bezieht. Entscheidend ist der letzte Satz:

«2.13 Öffentliche Berichterstattung

Eine öffentliche Berichterstattung während der Beurteilung ist nicht zulässig. Die Jury legt die Modalitäten für die Information der Öffentlichkeit fest. Die Ergebnisse des Wettbewerbs (Studienauftrags) dürfen in den Medien erst nach der offiziellen Bekanntgabe des Juryentscheides und dem Erscheinen des Juryberichts veröffentlicht werden. Medienvertreter müssen eine vom Auftraggeber festgelegte Sperrfrist einhalten und dürfen Berichte nur in Absprache mit der Jury veröffentlichen.»

Im Zusammenhang mit dem Basler Fall ist das Baudepartement also nur ausführende Zensur-Instanz. Die Aufforderung zur «Zensur» kommt vom SIA. Auf Nachfrage liefert Jean-Pierre Wymann, Verantwortlicher Wettbewerbe und Studienaufträge, für den SIA folgende Stellungnahme. Sie deckt sich weitgehend mit der Begründung im Artikel zum Basler Fall. Neu sind die letzten zwei Sätze:

«Mit diesen Bestimmungen soll der ordnungsgemässe Ablauf der Jurierung sichergestellt werden. Insbesondere muss die Anonymität bei Wettbewerben bis zum Juryentscheid gewahrt bleiben und die Jury darf in der Beurteilung nicht von Medienberichten beeinflusst werden. Der Auftraggeber kann eine Sperrfrist für die Berichterstattung festsetzen. Die Jury kann einzelne Modalitäten für die Berichterstattung festlegen, wie zum Beispiel, unter welchen Voraussetzungen Zitate von einzelnen Jurymitgliedern veröffentlicht werden dürfen. Im Übrigen sind die Medien aber im Rahmen der journalistischen Sorgfaltspflicht in ihrer Berichterstattung frei. Die SIA Kommission für Wettbewerbe und Studienaufträge wird prüfen, ob der Passus der Wegleitung aufgrund Ihres Hinweises (Verweis auf den Basler Fall) angepasst werden muss.»

Beat Matter

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Ich schreibe. Und ich fotografiere. Beides fliessend. Für Medien, Unternehmen, Stiftungen, Verbände, Vereine und Private.

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